Social Media haben Einfluss auf die Recherche der SRF Sportredaktion. Twitter ist ein wichtiger Inputgeber und oft Türöffner für Geschichten. Das Überprüfen von Quellen ist heute schwieriger und braucht Zeit, sagt SRF Sportmoderatorin Steffi Buchli.
Die bernetblog-Serie «Journalisten im Web» portraitiert Redaktorinnen und Redaktoren und ihren Alltag im Social Web im Rahmen einer qualitativen Studie von Bernet_PR und der ZHAW. Der Hashtag zur Studie: #jstudie14.
Wie hat sich der Journalismus im Zeitalter von Social Media verändert und welche Bedeutung haben die Online-Kanäle bei Recherche, Publikation, Dialog und Prozessen – Sportmoderatorin Steffi Buchli im Interview.
Twitter als Newsportal und Frühwarnsystem
Die Sportmoderatorin ist beruflich auf verschiedenen Social-Media-Kanälen aktiv: mit einer Fan-Seite auf Facebook, auf YouTube, Instagram und Twitter. Der wichtigste Kanal in der Recherche ist für sie Twitter. Facebook nutzt sie vor allem für die Kundenpflege.
Steffi Buchli: «Social-Media-Kanäle sind für mich wichtige Inputgeber – vor allem Twitter. Natürlich gibt es auch viele Belanglosigkeiten und die Selektion braucht Zeit. Dafür habe ich sehr ausgeklügelte Followerlisten, die ich laufend pflege und aktuellen Themen anpasse – ich nutze Twitter als Newsportal.»
Recherche über Social Media
Die Sportmoderatorin sieht in Social Media Potential für Geschichten: «Interessanten Protagonisten und Fachjournalisten, die eine Nähe zu bestimmten Themen oder Teams haben kann ich direkt followen. Das gibt Inputs für Geschichten.» Zur weiterführenden Recherche sagt Steffi Buchli: «Geht die Recherche tiefer, bewege ich mich weg von Social Media: führe Gespräche, nutze die Schweizerische Mediendatenbank (SMD) oder lese ein Buch.»
«Twitter ist nur so gut wie deine Follower-Liste», sagt sie. Man müsse sich fragen: Was interessiert mich? Und dann Interessantes pflücken und vor allem klar selektieren. Und weiter: «Ich followe Personen oder Teams, die mich grundsätzlich interessieren, allen weiteren followe ich nur zu bestimmten Events und Anlässen – dann nehme ich sie wieder von der Liste. Ich selektiere sehr strikt.» Steffi Buchli interessiert sich für Hockey, Fussball, Social Media und Gossip.
Auch für kleinere Geschichten ist Twitter – sehr selten Facebook – ein guter Kanal. Der Weg ist informeller und kürzer. Zum Vergleich der Recherche mit früher meint die Sportmoderatorin: «Früher war es umständlicher, die Welt ist kleiner geworden und die Informationen sind für Journalisten heute schneller zugänglich. Twitter ist oft mein Türöffner zu Personen oder Themen. Was heute schwieriger ist, ist die Überprüfung der Vertrauenswürdigkeit der Quellen. Man muss wissen, wer dahinter steht, dann kann man es besser einschätzen.»
Zuschauernähe schaffen – Innensicht aufbrechen
Auf den Online-Kanälen erreicht die SRF-Sportredaktion vor allem Social-Media-affine Zuschauer und andere Journalisten. «Unseren Zuschauern können wir Behind-the-Scene-Fotos zeigen – das schafft Nähe und ist wichtig: SRF ist durch seine lange Geschichte gut in der Gesellschaft verankert, dadurch identifizieren sich unsere Kunden stark mit unseren Produkten», sagt Steffi Buchli. Und weiter: «Manchmal sind Social-Media-Inhalte eine gute Ergänzung. Dann recherchieren wir auch auf YouTube und spielen zum Beispiel einen Video-Ausschnitt in der Sendung – als kleines Schmankerl, das die Sendung auflockert oder bereichert.»
Steffi Buchlis Erfahrung zeigt: «Die Hemmschwelle, Inhalte auf Facebook zu liken, ist relativ niedrig: es werden Bilder angeschaut, die Texte aber kaum gelesen. Auf Twitter hingegen braucht es anderen Content. Nur Selfies und Oberflächliches reichen nicht – Twitter ist qualitativer und fachlicher als Facebook.»
Bei Sportevents fragt die Sportredaktion die Zuschauer via Social Media, was sie interessiert. «Das machen wir, um aus der Innensicht auszubrechen und das Blickfeld für unsere Berichterstattung zu öffnen. Die Zuschauer sehen oft andere Dinge. Das gibt Mini-Geschichten für die Sendung.»
Social Media sind nicht nice to have
Steffi Buchli: «Diese Kanäle verschwinden nicht mehr. Als Redaktion muss man einen klaren Plan verfolgen und die Kanäle in die Berichterstattung einbauen. Dazu gehört auch das Festlegen von Verantwortlichkeiten, Rollen und Prozessen. Und es ist wichtig, dass sich die Zuschauer daran gewöhnen. Wir müssen auf den Kanälen regelmässig etwas bringen, unsere Zuschauer einbeziehen und uns auch auf Social Media das Profil als Sportexperten geben. Die Social-Media-Kanäle müssen mit der gleichen Verlässlichkeit bewirtschaftet werden wie die anderen Vektoren der SRFsport-Berichterstattung.»
In der Gesamtsportredaktion sind Social Media noch nicht so integriert wie die Kanäle Radio, Fernsehen und Online. Wie stark das jeweils gelebt werde, hänge von allen involvierten Personen ab, ergänzt die Sportmoderatorin.
SRF hat viele Social-Media-Regeln: Der SRFsport-Account ist beispielsweise kein sprechender Account – Antworten gibt bei Fragen von Usern der SRF-Kundendienst. «One Word» und gute Absprachen seien dabei wichtig, erläutert Steffi Buchli.
Persönliches Engagement
Steffi Buchli pflegt ihre Social-Media-Kanäle selber. «Auch ich habe meine Regeln: keine politischen Aussagen und keine Fan-Äusserungen für einzelne Clubs. Das halte ich auch bei Interviews so. Auf Social-Media gibt es keine persönliche Meinung», betont sie.
Die Sportreporterin ist von Social Media begeistert: «Ich habe aber auch grossen Respekt davor, was man damit alles auslösen kann. Jeder meiner Tweets oder Posts ist sehr wohl überlegt – Schnellschüsse gibt es bei mir nicht, meine Tweets sind bei weitem nicht immer realtime. Das Mass ist wichtig. Man darf nicht zum gläsernen Mensch werden, der über alles berichtet und von der Online-Community abhängig wird. Hält man sich an die persönlichen Guidelines, macht es aber grossen Spass.»
Steckbrief
Steffi Buchli, 36, SRF Sportmoderatorin, steffibuchli.ch
- Journalistin seit 2000
- Beim SRF in heutiger Funktion seit 2006
- Nutzt Facebook seit 2007
- Twitter seit 2012
Weiterführend: