Social Media – im Bernetblog taucht die Bezeichnung das erste Mal 2008 auf. Damals löste sie gerade das bisher geläufigere «Web 2.0» ab. Seither hat der Begriff regelrecht Karriere gemacht: Unternehmen stellen spezialisierte Social Media Manager ein, man kann Hochschulabschlüsse in Social Media Marketing erlangen und der Social Media Gipfel ist seit 10 Jahren ein fester Punkt im Terminplan der Schweizer Kommunikationsprofis.
So sehr der Begriff zum Fixum geworden ist, so stark hat sich auch die Kommunikationswelt verändert. Denn – sind wir ehrlich – welche Kommunikationsform ist heute nicht «sozial»? Facebook, Instagram und Snapchat würden wir wohl alle den Sozialen Medien zuordnen. Was ist jedoch mit einer Google-Rezension? Einem WhatsApp-Chat? Einer via Post-App verschickten Postkarte? Ist am Ende der Begriff veraltet, zu schwammig und muss einer neuen, präziseren Bezeichnung weichen? Drei Annäherungsversuche:
Die Wikipedia-Definition: Die Technologie entscheidet
Die freie Enzyklopädie – selber auch soziales Medium – definiert Social Media wie folgt: «Social Media (auch soziale Medien) sind digitale Medien und Methoden […], die es Nutzern ermöglichen, sich im Internet zu vernetzen, sich also untereinander auszutauschen und mediale Inhalte einzeln oder in einer definierten Gemeinschaft oder offen in der Gesellschaft zu erstellen und weiterzugeben.» Die Grenze des Begriffs liegt hier also bei der Form der technischen Verbreitung: So lange die Kommunikation oder der Austausch von Inhalten (sei es zwischen einzelnen oder mehreren Absendern und Empfängern) im Internet stattfindet, sprechen wir von Social Media. Somit schliesst der Begriff alles aus, was offline an Kommunikation stattfindet – und grenzt sich damit gegenüber klassischen Kommunikationsformen im persönlichen, gedruckten oder audiovisuellen Bereich ab.
Die Wissenschafts-Sicht: User Generated Content und Netzwerkbildung durch Interaktion
Die Forscher Andreas Kaplan und Michael Haenlein versuchten sich bereits 2009 an einer Definition: «Social Media is a group of Internet-based applications that build on the ideological and technological foundations of Web 2.0, and that allow the creation and exchange of User Generated Content.» Im Zentrum steht also das Verbreiten von User-generierten Inhalten via Internet-Technologien. Dabei erkannten die beiden Forscher bereits die Heterogenität der verschiedenen Formen von Social Media – und nahmen eine Klassifizierung anhand folgender Dimensionen vor: Selbstpräsentation bzw. Selbstoffenbarung und soziale Präsenz bzw. Medienreichaltigkeit. Das Resultat ist folgende Tabelle:
Eine aktuellere Definition von Social Media geht in dieselbe Richtung, ergänzt aber zwei weitere Kriterien (vgl. Jonathan Obar et. al., 2015): Das Vorhandensein eines persönlichen (ggf. gegen aussen anonymen) Profils oder Accounts, um am Austausch teilnehmen zu können, sowie die (vereinfachte) Bildung von sozialen Netzwerken durch die Interaktion ebendieser Profile.
Unsere Praxis-Erfahrung: mehr als Kanäle
In unserer Arbeit mit Kunden stehen am Anfang oft Fragen wie «Wie kann ich mich auf Twitter besser mit Journalisten vernetzen?» oder «Ich möchte mehr Leute via LinkedIn erreichen – wie schaffe ich das?». In Social-Media-Konzepten verknüpfen wir Ziele, Botschaften und Themen und überlegen uns, mit welcher Strategie und via welche Massnahmen wir unsere Zielgruppen am besten erreichen. Die unterschiedlichen Kanäle und Formen von Social Media sind dabei nur ein Teil des Ganzen und betten sich in die Gesamt-Lösungsfindung ein.
Fazit: Social Media ist ein Begriff aus einer Zeit, in der die Tragweite von sozialen Netzwerken und die technologischen Entwicklungen nur erahnt werden konnten. Die Bezeichnung konnte sich allerdings etablieren, und auch wenn nicht alle genau dasselbe darunter verstehen, so erleichtert der Begriff auch heute noch eine schnelle Einordnung. Aus unserer Sicht wird er deshalb nicht so schnell abgelöst werden. Was sich verändert, sind die Technologien und Plattformen, die neu hinzukommen und dem Begriff neue Dimensionen zuweisen.
Und wie steht ihr zum Begriff Social Media? Ist er veraltet oder reicht es, ihn auf die heutigen Gegebenheiten anzupassen und auszuweiten? Wir freuen uns auf eure Inputs.
Weiterführend:
bernetblog: Kommunikationstrends 2019
bernetblog: alle Beiträge aus der Serie «Was ist eigentlich…:?»
The Visual Capitalist: The Social Media Universe in 2018