Wenn plötzlich alle ihre Smartphone Apps und Social Media Accounts löschen, kann das nur eines heissen: Es sind wieder mal Enthüllungen im Umlauf, die uns aufzeigen, wie stark wir von Tech-Giganten manipuliert werden – und die dafür benötigten Daten freiwillig und unbedacht hergeben. Dieses Mal kommt der Fingerzeig aus der Küche von Netflix, selber auch Meister darin, Zuschauer mittels genauster Datenerhebung bei der Stange zu halten.
Im Film «The Social Dilemma» sind aber andere Schuldige im Zentrum: Tech-Bosse und Superhirne von Google über Twitter bis Facebook, die uns «Geschenke» wie den Like-Button, die Video-Recommendation und schlaue Newsfeed-Algorithmen gebracht haben. Und die es nun bereuen.
Alles schon längst bekannt
Manch einer fühlt sich beim Zuschauen ertappt: Stimmt, ich refreshe auch ständig meinen Insta-Feed. Logo, auch ich halte es kaum aus, nicht in mein WhatsApp zu schauen, wenn ich eine Notification erhalte. Ja eh, ich bin wohl auch süchtig nach E-Mails.
Und ebenfalls nichts Neues: Soziale Medien ermöglichen es, im grossen Stil Wahlen und Abstimmungen zu beeinflussen oder ganze Demokratien umzustürzen. Und nebenher sind sie Verblendungs- und Verunsicherungsplattform einer ganzen Generation von jungen Menschen, für die die Abwesenheit von «Likes» gleichbedeutend mit einem persönlichem Scheitern ist.
Drei wichtige Erkenntnisse für die Unternehmenskommunikation
Was heisst das nun für uns? Wir, die in unserem Berufsalltag diese Instrumente mit einer Selbstverständlichkeit nutzen, als wären sie nur dazu da, unsere Themen und Produkte besser und passender an unsere Zielgruppen zu bringen?
Drei Aspekte, die wir als Kommunikation- und Marketingprofis aus der Doku mitnehmen sollten:
- Verantwortung übernehmen: Vor jedem neuen Kanal, den wir nutzen, oder Hype, dem wir folgen, sollten wir uns die Frage nach der Wirkung auf unsere (meist junge) Zielgruppe stellen. Denn echt nachhaltig kommunizieren heisst auch, unsere zukünftigen Generationen zu schützen.
- Fokus auf den eigenen Content-Hub: Aus Unternehmenssicht sind die Social-Media-Kanäle in erster Linie dazu da, User auf unsere Inhalte aufmerksam zu machen und auf unsere eigenen Kanäle zu holen. Konzentrieren wir uns also darauf, unsere eigene Website oder unseren Blog sauber und zielgruppengerecht aufzubereiten. Hier gehören uns die Inhalte und wir können selber und transparent bestimmen, wie wir mit Userdaten umgehen.
- Fakten, Fakten, Fakten: Nur um Aufmerksamkeit, Klicks und Likes zu erhalten Fakten zu verdrehen – ein absolutes No-Go. Statt mit Click Baiting bestechen wir mit für die Zielgruppen relevanten Fakten – und texten unsere Titel und Leads sauber und wahrheitsgemäss.
PS: Ich persönlich habe es übrigens (noch) nicht geschafft, Social-Media-Profile oder süchtigmachende Apps dauerhaft aus meinem Leben zu verbannen. Ich freue mich über eure Tipps, wie der Entzug gelingen kann!
PPS: Mittlerweile hat Facebook eine Stellungnahme zum Dokumentarfilm veröffentlicht: What The Social Dilemma Gets Wrong (via thomashutter.com).
Weiterführend im bernet.blog:
- Instagram – Scheinwelt mit Grenzen
- Gen Z im Fokus: ambivalent und anspruchsvoll
- Zielgerichtete Hub-Konzepte statt Content-Flut
Foto: Mika Baumeister auf unsplash.com