Keine Leitmedien-Diskussion ohne Konfrontation von Online mit Print. Der vierte «Medientalk» an der Uni Zürich zeugte vor allem von – Ratlosigkeit.
Der Abend schloss die Viererreihe (hier mein Bericht über Teil 3 über die «Sonntagsmedien») des «NZZ-Medientalks» ab, die gemäss Schlusswort für das kommende Jahr wieder evaluiert werden soll.
Wieder war der Saal gut und zu geschätzten Dritteln gefüllt mit Fachleuten, Studis und Rentnern. Es sprachen Uni-Publizistikprofessor Frank Esser und René Zeller, Leiter NZZ-Inland. Hier – ganz boulevardesk verkürzt – die kernigsten Aussagen aus den Kurzreferaten:
NZZ-Redaktor Zeller: «Kein Verlag kann ohne Online-Strategie überleben – aber keiner weiss, wo das Geld liegt.»
Für ein reines Printprodukt sieht René Zeller keine Zukunft – darum müssen alle Publikationen in den sauren weil teuren Online-Apfel beissen. Die NZZ tut dies mit einem integrierten Modell – die Redaktionen arbeiten miteinander und nicht nebeneinander. Dabei sei es ein punktuelles Abwägen, wann «online first» gelte und wann auf eine Parallel- oder Vorab-Publikation verzichtet würde. Die Online-NZZ habe darum Erfolg, weil sie sich konsequent auf ihr Qualitätsversprechen berufe und so den wertvollen Brand der «alten Dame» schütze. Dabei unterschlug Zeller, dass die Online-NZZ in der Vergangenheit Leser an die Boulevard-Konkurrenz abgeben musste.
Uni-Professor Esser: «Zu retten sind nicht die Verlagshäuser – schützenswert ist der Qualitätsjournalismus.»
Was heute verkaufe und sich etabliere, sei der polemisch-empörende Meinungsjournalismus. Dazu komme der Trend der Medienkonvergenz (Online/Print) und eine allgemeine Redimensionierung des Medienkonsums. Was unter steigendem Kostendruck und – ach, die Krise – Inserateschwund leide, sei der investigative, erklärende Hintergrundjournalismus. Er und nur er gehöre geschützt. Aber wie? Staatsintervention? Stiftungen? Hohe Abopreise? Antworten oder Ansätze dazu gab Esser keine. Aber eine düstere Ahnung davon, was es bedeutet, wenn Qualitätsinformation zum Privileg einer wohlhabenden Elite wird.
Während des Abends erreichte mich via iPhone-Tagi-App die «Breaking News» über die Gefängnisstrafe der Schweizer Lybiengeiseln. Die NZZ doppelte erst einige Minuten später nach – ohne Push-App notabene – und veröffentlichte dann die haargenau gleiche Agenturmeldung. Was mir beweist: Online gewinnt, wer mit Tempo und Kürze neue Leser gewinnt. Und mit neuen Technologien mitgeht. Diesem Speed kann sich – Qualität hin oder her – auch die NZZ nicht entziehen.
Schön auf den Punkt gebracht!
Meine persönlichen Two Cents zum letzten Medientalk findet man hier.