Wikis ermöglichen eine neue Art der Zusammenarbeit. Sie machen vor allem dann Sinn, wenn mehrere Personen am gleichen Dokument arbeiten. In der Praxis stossen Projektleiter aber auch auf Probleme mit Wikis, wie ein Teilnehmer am gestrigen Internet-Briefing berichtete.
Stellen Sie sich vor, Sie managen ein Projekt in einem mittelgrossen Unternehmen. Um Ihre Projektpläne und Protokolle auszutauschen, stellen Sie alle Dokumente in ein Wiki. Und was passiert? Die von Ihnen sorgfältig geplanten Meilensteine werden im Wiki ständig verändert. Ihr Projekt droht aus dem Ruder zu laufen. Was tun Sie?
In der Diskussion zeigten sich rasch diese fünf Grundeigenschaften von Wikis:
- Kritikfähigkeit: Im Wiki sind alle Dokumente editierbar. Die Möglichkeit, alle Inhalte des Wikis zu sehen und zu verändern, tangiert in Firmen organisatorische, kulturelle und rechtliche Grenzen
- Offenheit: Wer im Wiki bestimmte Bereiche sperrt, konterkariert das System
- Kooperation: Wikis machen nur Sinn, wenn sich alle beteiligen
- Flache Hierarchien: Die klassische Hierarchie hat ausgedient – im Wiki geht es um die gemeinsame Lösungsfindung
- Archiv: Im Wiki geht nichts verloren. Jede Änderung an einem Dokument wird dokumentiert, alle Versionen bleiben sichtbar
Der Einsatz von Wikis in Firmen kann Erfolg haben – oder auch nicht. In seiner Präsentation stellte Jürg Stuker folgende Erfolgsfaktoren in den Vordergrund:
- Kein Mikro-Management, aber Spielregeln
Das Wiki lebt von Prozessen, die Bottom-up entstehen. Traditionelle, hierarchische Führungsprinzipien behindern dies häufig. Es braucht klare Spielregeln, mit denen Freiräume für Mitarbeiter und damit Raum für Eigenverantwortung geschaffen werden. - Transparenz aktiv fördern
Autoren sollen mit persönlichen Logins arbeiten und ihre Beiträge selbst einbringen. Nur so ist die Entstehungsgeschichte nutzbar und ein Dialog respektive eine kontinuierliche Verbesserung möglich. Dazu gehört auch, Erfolgsgeschichten aktiv zu verbreiten und Menschen öffentlich wertzuschätzen. Alles was nach Silo oder Organisationsgrenze aussieht, muss sofort entfernt werden. - Konfliktlösung nicht im selben Medium
Nicht vorhandene hierarchisch geprägte Prozesse und eine neue Transparenz schaffen auch eine neue Art des Wettbewerbes. Solche Bedenken sind auf keinen Fall mit denselben Wiki-Prinzipien in einem öffentlichen Medium lösbar. Persönliche Gespräche und genügend Zeit für den Kulturwandel sind wichtig und nicht ersetzbar. - Ergebnis immer über Hierarchie stellen
Jeder muss einen Eintrag des Chefs verbessern oder zumindest öffentlich kommentieren können. Fakt ist, dass die Kommentierung sowieso geschieht, beispielsweise vor der Kaffeemaschine. Der Nutzen für die Unternehmung stellt sich aber nur ein, wenn die Argumente in einem Dialog aufgenommen und verarbeitet werden. - Kulturwandel vorleben
Der Nutzen eines Wikis stellt sich über die Zeit und nach Inbetriebnahme ein. Anerkannte Personen innerhalb der Organisation sollten den neuen Umgang mit Information sichtbar vorleben und damit Referenzpunkte bezüglich Nutzen und Wichtigkeit des Wikis schaffen. - Es braucht die Anwender
Sozial geprägte Anwendungen leben von den teilnehmenden Menschen, deren Initiative und Eigenverantwortung. Die Zusammenarbeit muss darauf ausgelegt sein, diese Leute zu motivieren. Zugriffs- oder Editierbeschränkungen, unvollständige Information oder versteckte Pläne haben einen negativen Effekt darauf.
Fazit: Nur weil wir Wikis haben, ändert sich nicht unsere Firmenkultur. Veränderung findet in Köpfen statt, nicht in Computern. Die Technologie ermöglichen zwar den Prozess, aber ohne die Menschen, die diese Änderung wirklich wollen, nützt sie rein gar nichts.
Siehe auch «Weblogs und Wikis im Firmeneinsatz» zum iex-Vortrag von Marcel und Jürg
Das Fazit unterschreibe ich.
Weil es wohl auch nicht die Aufgabe von solchen Wikis sein kann, Firmenkulturen zu ändern.
Wikis sind, wie erwähnt, sicher interessant um gemenisam an Projketen und Problemstellungen zu arbeiten, Lösungsansätze zu erarbeiten ohne auf hirarchische Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen.
Am Ende eines Projektes oder der Lösung eines Problems muss jedoch ein Entscheid getroffen werden. Diese Funktion kann ein Wiki nicht abnehmen. Da steht dann wieder ein Mensch dahinter und in der Regel landet man dann wieder bei Hirarchien – auch innerhalb von Projektorganisationen.
Es bleibt also spannend, wie sich dieses Thema weiter entwickeln wird.
Roger Reuss
Gerne möchte ich ihr Fazit kommentieren: „Nur weil wir Wikis haben, ändert sich nicht unsere Firmenkultur“. Es gibt mehrere Faktoren für die Veränderung einer Firmenkultur, Wiki kann eine davon sein. „Veränderung findet in Köpfen statt, nicht in Computern“. Die Auswirkungen von Veränderungen müssen ersichtlich und spürbar sein, z.B. beim Computer. „Die Technologie ermöglichen zwar den Prozess, aber ohne die Menschen, die diese Änderung wirklich wollen, nützt sie rein gar nichts“ Umgekehrt, die Menschen ermöglichen den Prozess, PCs sind und Wikis sind nur Tools, und drumm funktioniert es nicht wenn Menschen es nicht wollen.
Hallo Roger, ich glaube, dass auch in grösseren Organisationen gute Entscheide von mehreren Personen gemeinsam geprägt und auch getroffen werden können. Oft wird es einfach erst gar nicht versucht, weil das Instrument dazu fehlt, und „the wisdom of the crowd“ bleibt ungenutzt. Oder ist das alles nur etwas für hoffnungslose Romantiker?
@ Xaver,
klar stehen hinter der Technologie immer auch Menschen, z. B. Sofware-Entwickler. Auf der anderen Seite stehen die Anwender. Ohne sie nützt die beste und modernste Technologie nichts. Ausserdem: Wer programmiert und produziert denn schon gerne für den Papierkorb?
Wenn das gesamt Ziel eines Unternehmens nicht bis auf den einzelnen Mitarbeiter runtergebrochen wird. So das auch ein Programmierer versteht wie er, z.B. seinen Beitrag zu einer besseren Qualität leisten kann, wird es zugegebener Weise nicht funktionieren. Bei KAIZEN Programmen achten wir darauf, dass jeder versteht worum es geht und das sein Beitrag wichtig ist. Die entsprechende Organisation sorgt dafür das die Mitarbeietr Ideen umgesetzt werden.