Gute Geschichten: «Big Story, Small Set.»

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peter hossli ausschnittWas macht eine gute Geschichte? Peter Hossli, Reporter des SonntagsBlick-Magazins meint: weniger googeln und mehr selbst schreiben.

Vor mir stand heute morgen um 0830 eine Dingler Kniehebelpresse – dieser Beitrag begann auf meinem iPad Knie-Editor. Der Zeitunterschied zwischen Bleisatz und Instant Blogging betrãgt rund 100 Jahre. Damals gabs noch keine Beta-Version: Alle WordPress-User seien gewarnt – die iPad-Version ist voller Bugs.

Corporate Publishing im Retrostil
Die Gebrüder Freitag inszenieren ihre neueste Taschenkollektion mit Retro-Corporate Publishing. Dazu gehõrt ein Editorial Space als Verkaufslokal, wo wenig Taschen zwischen vielen altem Büromobiliar, Zeitungen und Laptops stehen. Ein aufwändiger PR-Aufhänger, schön inszeniert. Noch bis zum 30. September wird hier eine Zeitung ganz von Hand gedruckt, die aus zusammengeschnipselten 140-Zeichen-News besteht. Swissmiss hat das Konzept genau beschrieben, es gibt auch eine Website zur «Daily Reference». Die handgesetzte Papierausführung ist zwar witzig, sie wirkt aber gleichzeitig blutleer, zu durchgestylt.

Der interessante Teil dieses Konzepts sind Frühstückseinladungen (unser Social Media Gipfel-Timing breitet sich aus) mit Gastreferenten aus Medien und Journalismus. Heute erzählte Peter Hossli, rasender Reporter des SonntagsBlick-Magazins, was gute Geschichten ausmacht.

Hohe Ansprüche

peter hossli

Der Vollblutjournalist, der den Spiegel schon als Teenager von vorne bis hinten gelesen hat, stiess 1995 als jüngster Journalist zum Facts-Team. Heute ist er Reporter mit grossen Freiheiten beim Magazin des SonntagsBlick. Und geniesst damit eine seltene Sonderrolle. Er beginnt mit Klartext: «Nicht der Journalismus ist in der Krise, sondern die Journalisten. Wir googeln zuviel, gehen nicht mehr raus und schreiben zuviel ab.» Gute Geschichten sind aus seiner Sicht latent aktuell, relevant, ideologiefrei und unterhaltsam.

Damit liegt der Anspruch hoch. Noch schwieriger macht es Peter seinen Kolleginnen und Kollegen mit einer weiteren Wahrheit: «Wo es viele Journalisten gibt, gibt es keine gute Geschichten.» Gestern war er den ganzen Tag mit Johann Schneider-Ammann, dem neugewählten Bundesrat unterwegs. Irgendwann habe er gemerkt: Es lässt sich keine wirklich gute Geschichte machen, da sind zu viele Medien beteiligt. Ich bin gespannt, ob am Sonntag trotzdem ein Porträt erscheint und wie es aussieht.

Gute Idee, Menschen, Fokus

Hossli sucht die Alternative hinter den Agenturmeldungen und Communiqués. Seine «anderen» Reportagen zu 9/11, den Bankenboni oder dem Iran-Krieg zeigen Menschen. Er verdichtet seinen Ansatz auf «Big Story, Small Set». Die Big Story entsteht durch eine besondere Idee, die Zusammenarbeit mit guten Fotografen und natürlich Platz für die Umsetzung. Im Small Set sieht er die Fokussierung auf Menschen und eng definierte Plätze. «Wenn ich eine Geschichte über Umweltschutz in Kalifornien machen soll, dann darf ich nicht den ganzen Staat abdecken, das gibt nichts Spannendes.» Hosslis Analyse leuchtet ein, die vielen Beispiele illustrieren seinen Ansatz und man spürt sein Engagement für gute Geschichten. Dabei versucht er wo immer möglich, sich ohne Pressestäbe zu bewegen. Er hält sich an eingegangene Regelungen – oder verzichtet auf die Story, wenn diese Regeln zu eng sind.

Ich freue mich, wenn die Medien weiterhin Budgets und redaktionellen Raum für engagierte Reporter sprechen. Die immer mehr nicht nur mit Fotos, sondern auch mit Video arbeiten werden. Deshalb zum Abschluss ein kurzer Rundgang durch den Freitag Editorial Space – von der Kniehebelpresse bis zur neuen Taschenkollektion:

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Beiträge

  • Videos zur Informationsübermittlung finde ich nur in wenigen Situationen effektiv. Man kann sie nur schwer „querlesen“, es kommen immer wieder Bereiche/Sekunden die ohne wirklichen Inhalt sind.
    Außerdem ist das erstellen guter Videos wesentlich aufwendiger wie ein paar gute Fotos und Text dazu.
    (z.B. kann man einen Text einfach aktualisieren aber ein Video neu Vertonen ist aufwendig)

  • Videos eignen sich zur Vertiefung eines Inhalts weil sie die Bewegung und den Ton bringen können. Sie sind gar nicht zum Querlese gedacht.

    Hossli kommt einmal mehr zum Schluss, dass nur Inhalt überzeugen kann. Richtig! Widerkauenede Journalisten braucht die Welt nicht, das machen Computer besser.