Ein digitales Magazin im Print-Look, das Audio-, Video-, Social Media- und Website-Funktionen erfüllt. Ist das die eierlegende Wollmilchsau im Publishing? Oder nur etwas für Print-Nostalgiker? Eine Diskussion über MagMag.
Print, Online oder Social Media? Die Frage nach dem Trägermedium stellt sich bei den meisten PR-Massnahmen. Oft entscheidet man sich für alle drei: Papier, Internet und Social Network. Und muss dann für jede Form einen Kanal wählen sowie den Inhalt mediengerecht anpassen. Eine Symbiose aller drei Medienformen versucht MagMag mit einem aufwändigen Multimedia-Magazin.
Mehr als nur ein PDF-Viewer
Auf den ersten Blick sehen die Magazine aus wie hochwertiges Print übersetzt auf Online. Auf den zweiten Blick bietet MagMag deutlich mehr als ein klassischer PDF-Viewer wie issuu oder Scribd: Steuerbare Hintergrundmusik und verschiedene Ansichten bereichern das Layout. Audio-Tracks, Video-Clips und Dateien zum Download sind genauso eingebettet wie Links zu Webseiten und Social Media Plattformen. Wer sein eigenes Multimedia-Magazin will, bucht bei MagMag einen Account und stellt es sich nach eigenem Gusto über das CMS-Tool des Anbieters zusammen. Das Hosting liegt bei MagMag, einbetten kann man das Magazin mit der gewünschten URL wo man will – auch in Form einer Bibliothek wie bei Sony Music.
Crossmedial für die Umwelt
Spannend umgesetzt ist der Jahresbericht 2009 von Greenpeace: Das Editorial kann man lesen oder als Videobeitrag von der Stiftungsratspräsidentin sehen. Kampagnen-Videos sind genauso eingebettet wie TV-News über Guerilla-Aktionen der Umweltschützer. Weltweite Aktionen sind übersichtlich mit Bild und Text dargestellt und verlinkt mit unterschiedlichen nationalen Webseiten. Die Umsetzung ist ansprechend, informativ und crossmedial. Leider fehlt die Social Media Integration im Jahresbericht 2009 (noch) komplett.
Pro und Contra
Mir gefällt an den Mulitmedia-Magazinen, dass die Ästhetik eines Printprodukts mit den Vorteilen der Medienvielfalt in Online verschmilzt – so online war Publishing noch nie. Bei all den Online-Funktionen frage ich mich, wieso nicht gleich eine Mircrosite in meinem Internetauftritt aufbauen? Das ist günstiger und weniger aufwändig als die Inhalte in einem externen Tool als Magazin aufzubereiten. Für die Magazinform spricht allerdings, dass ein in sich geschlossener Online-Auftritt mit klarer Nutzerführung entsteht. Ein Wermutstropfen: Noch funktionieren die Magazine nicht auf iPhone und iPad, da sie auf Flash basieren. Ab Januar wird das anders, wie mir Andy Waar von MagMag Media versichert. Dann läuft das Magazin parallel in Html und Flash. Was mir fehlt: eine klare Integration von Social Media. Ich will aus dem Magazin «likes» auf Facebook verteilen und auf Twitter kommentieren. Darauf muss man noch eine Weile warten. Die Social Media Interaktion ist derzeit in Entwicklung.
Nur für Printliebhaber?
Mir gefällt MagMag als Weiterentwicklung des Online-Magazins. Nun meine Frage an euch, liebe Blog-Leser: Ist meine Sympathie die Nostalgie eines Vor-Digital-Natives, mit hoher Verbundenheit zu Print? Oder trifft das Multimedia-Magazin ein Bedürfnis, weil es Informationen in ansprechendem Layout medienübergreifend und klar bündelt?
Mehr zum Thema im Bernetblog:
«Der Geschäftsbericht im Zukunftslabor»
«Praxistipp: Online-Viewer für Publikationen»
Ich finde diese MagMags sehr hübsch anzusehen, mir gefällt die Idee und meistens sind sie wirklich sehr schön gestaltet.
In meiner Lesepraxis stelle ich hingegen fest: Ich lese sie nicht. Die starke Benutzerführung bin ich mir online nicht gewöhnt und will sie mir auch nicht mehr aufzwingen lassen.
Den Index finde ich unpraktisch: Zu einem Inhaltsverzeichnis gehört für mich auch Text. Vielleicht kann ich mich daran gewöhnen. Definitiv verzichten kann ich aber online aufs Seiten-Umblättern.
Es ist wirklich fraglich, ob die Pint-Nutzerführung mit Umblättern und fixer Struktur online funktioniert. Vielleicht doch Print-Nostalgie 😉
Hallo Zusammen
Hier zeigt sich wieder mal ganz deutlich wie unterschiedlich die Geschmäcker und das Konsumverhalten sind. 🙂
@ Thomas: Vielen Dank für das Kompliment. Zum Leseverhalten: Gemäss mehrere Studien der Firma Mediascore aus Deutschland, welche das Leseverhalten der Web-User analysiert hat, werden selbst Websites nur bedingt gelesen. Was konsumiert wird sind Headlines und Bilder. Bis die User beginnen den Text zu lesen vergeht eine gefühlte Ewigkeit. Unser Produkt basiert auf dieser Erkenntnis. Es wird eine emotionale Umgebung geschaffen, in welcher sich der User wohl fühlt. Sobald er sich entschieden hat mehr Informationen zu diesem Thema zu wollen, führen Links auf Websites mit detaillierten Informationen und/oder werden print-gerechte Dateien zum Download angeboten.
@ Sonja Stiegelbaur: Vielen Dank für Euren Input. Wir haben zwei Index Ansichten integriert. Eine strukturierte und eine Coverflow Ansicht wie im Itunes. In beiden Ansichten arbeiten wir mit Überschriften. Eine dritte Ansicht nur mit Text haben wir in der iPad Lösung integriert, welche auf das neue Jahr hin „Live“ geht. Wir werden diese Option für das Internet Magazin jedoch prüfen.
Betreffend Blätterfunktion: Uns ist bewusst das dies mit einem hohen Nostalgie Faktor verbunden ist und dies mit voller Absicht. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass viele User über die einfache Führung von A-Z sehr froh sind, da Sie sich dies Führung vom Print her gewohnt sind. Vergleichbar ist dies mit dem „Starbucks Effekt“, vielmals will man halt nur einen Kaffee bestellen und freut sich, dass der Zucker und die Milch bereit steht. Viele Menschen sind damit überfordert ein dutzend Entscheidungen zu treffen, bis sie zum gewünschten Ziel kommen.
@ Kathrin Herrmann: Dass die digitalen Magazine funktionieren, beweist die grosse Beliebtheit im Markt. Zudem ergeben unsere User-Auswertungen über alle je publizierten Magazine mit unserer Software eine durchschnittliche Verweildauer von mehr als 8 Minuten, und dies ohne das die Magazine gelesen werden. 🙂
Wir freuen uns auf weiteren Input.
Danke fuer den interessanten Artikel! Ich bin überzeugt, dass man mit der magazinaehnlichen Darstellung eine gewisse Benutzergruppe erreichen kann, vor allem im Bereich Inspiration des Betrachters. Diese Darstellungsform kann technisch auch ohne diese Tools entwickelt werden, jedoch ohne den beliebten blaetter-effekt. Auf jeden Fall sollte die Darstellung auf Mobilen Devices (phones, tablets) unterstützt werden.
Hallo,
es gibt schon länger einen Dienst mit Video und Flasheinbindung unter http://www.uniflip.com. Allerdings mit anderem Preismodell. Meine Kunden habenn issuu als Dienst akzeptiert, z.B. wenn Sie Kataloge und Preislisten veröffentlichen. Es ist auf jeden Fall eine interessante Erweiterung, um die Erreichbarkeit zu erhöhen.
Danke für die vielen konstruktiven Kommentare!
@Michael B: an uniflip.com gefällt mir besonders, die „tell a friend“-Funktion, bei der ich nebst E-Mail auch Social Media nutzen kann.
Grundsätzlich scheint mir die Entwicklung im Publishing von Print zu Online mitten im Wandel zu sein. Das wird noch weitere (Misch)formen hervorbringen. Meine Meinung nach all den Online- und Offline-Diskussionen: Multimedia-Magazine sind eine kleine Nische, die sich online nicht breit durchsetzen werden – einfach weil die Struktur zu print-artig ist und zu wenig dem Nutzungsverhalten in Online entsprechen. Dass solche Magazine beliebt sind (und auch ich sie wirklich mag) sehe ich als Print-Nostalgie von Vor-Digital-Natives.