Was machen wir mit Social Media? Die schnellen, omnipräsenten Dialogplattformen führen in endlose Weiten. Als Gegenpol bietet sich Rückbindung. Und die Frage nach dem Wohin.
Letzten Donnerstagabend pilgerte ich ins Kloster Disentis, auf Einladung von Pater Urban Affentranger. Er folgt der «Regula Benedicti» seit 1964 und leitet die öffentliche Vortragsreihe «Forum». Mein Titel «Social Media – Lautsprecher und Zwischentöne» vermochte den modernen Saal kaum zu füllen. Der Austausch mit Schülern des Gymnasiums, Padres und Einheimischen war sehr persönlich und inspirierend.
Jugendliche Sorglosigkeit und die Ängste der Erwachsenen
Wie so oft in Social-Media-Erörterungen sprachen die Gäste vor allem Ängste an: Facebook fördere Missgunst, lenke ab, führe uns in die digitale Demenz. Klar, manchmal weiss ich auch nicht, wo mir der Kopf steht vor lauter Tweets, Kommentaren und Gefällt-mir-Sammeln. Und weil das Kloster auch ein Gymnasium führt, sassen endlich einmal Jung und Alt vereint im Vortragssaal.
Es scheint die Aufgabe von uns «Alten» zu sein, Gefahren zu sehen. Sie sind reell und verlangen klare Vorstellungen von Sicherheitseinstellungen, eine bewusste Teilnahme und die Fähigkeit, Interessen der Plattformanbieter einzuschätzen. Die Jungen bringen die Frische ins Spiel: «Es ist super, dass es Facebook gibt und dass alle mitmachen können.»
Religion – oder wie man wieder runterkommt
Lenkt Facebook auch die Jungen ab? «Ja, es führt von einem zum nächsten und es ist manchnal sehr schwierig, damit aufzuhören.» Meine zuweilen auftretende Orientierungslosigkeit ist also keine senile Exklusivität.
Einig waren sich jung und alt: Die Vernetzung mit «allem» braucht einen Gegenpol. Runter kommt man, wenn man sich zentriert. Das kam mir übrigens trotz des Gastortes gar nicht religiös entgegen. Interessant: Religion kommt vom lateinische «religio» für Rückbindung.
Wohin will ich – womit?
Das führt denn auch zur wichtigsten Botschaft meines Vortrags: Social Media verlangt nach Rückbesinnung. Darauf, wer ich bin und wohin ich will – mit welchen Inhalten. Und das gilt für Privatpersonen genau so wie für Organisationen. Die zunehmende Anzahl von Plattformen und die immer zahlreicheren Laut-Sprecher machen diesen Fokus noch wichtiger.
Wohin wollte ich genau? Ach ja, noch schnell die Likes auf Instagram checken.
Weiterführend:
Social Media Konzept: Acht Fragen für Facebook & Co.
Miriam Meckel: Die Lautsprecher