Storyfilter: Mut zur seichten Geschichte

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Ein Portal mit kuratierten Info-Häppchen tönt nach Lesevergnügen. Das Versprechen: eine tägliche Auswahl an packenden Geschichten. Wie funktioniert Storyfilter und was zeichnet das neue Portal aus? 

Storyfilter bietet kleine Beiträge, die innert Kürze in ein Thema Einblick geben. Zudem liefert ein Storyletter am Nachmittag die neusten Geschichten. Ein Beispiel: «Warum uns das Smartphone noch umbringt». Mit zwei Bulletpoints wird erzählt, was in San Francisco diskutiert wird: Pendler bemerkten einen Mord erst beim Auslösen des Schusses. Alle waren auf ihre mobilen Geräte konzentriert. Das war es schon. Was wollte ich noch mehr wissen? Ein Expertenzitat aus der Schweiz? Ein Quervergleich mit einer Studie? Mehrwert? Unterhaltung? Der Beitrag ist nicht schlecht, bringt mich aber nicht weiter.

Interessante Leute – interessante Geschichten?
Storyfilter kuratiert bei «Auswahl» Geschichten aus unterschiedlichsten Quellen. Als Kuratoren amten acht eher bekannte Gesichter als Supereditoren wie Andrea Bleicher, Valentin Landmann und Fabian Unteregger. Der Gründer ist Bernhard Brechbühl, der vorher bei 20 Minuten tätig war. Er möchte sein Supereditoren-Team noch ausbauen. Seine Motivation war gerade auf persoenlich.com zu lesen: «(..) ich finde es unheimlich spannend zu erfahren, was diese interessanten Leute selber interessant finden.» Auch die Leser können sich beteiligen und mit «Story filtern» zum Inhalt beitragen – im Tausch für digitale Präsenz mit Nennung und Profilbild. Neben der Auswahl an Geschichten ist bisher eine Geschichte bei «Consumer Content» zu finden. Diese Geschichten sind von der Redaktion aufbereitet und können ein Sponsoring beinhalten.

News-Snacking: mutiges Angebot, seichter Inhalt
Storyfilter ist für mich: mutig, einen Test wert und Geschmacksache.

Mutig, weil:

  • es sich als neues Portal in die Medienlandschaft setzt
  • lesen von der Haupt- zur Zwischennutzung bei Teilen und Kommentieren wird
  • Storyfever (Bild unten) schonungslos zeigt, ob und wie Geschichten geteilt und geklickt werden

Screenshot von einem Artikel

Ein Test wert, weil:

  • ich Artikel lese und mir Inhalte merke, auf die ich sonst nicht gestossen wäre
  • der Kern der Information schnell erfasst ist
  • ich eine Vielfalt an Empfehlungen mit redaktioneller Aufbereitung nutzen kann

Geschmacksache, weil:

  • Info-Häppchen manchmal keinen Mehrwert bringen
  • der Englisch-Deutsch-Mix nicht überzeugt. Auch wenn die Idee von Storyfilter von Amerika inspiriert ist, empfinde ich die englischen Rubrik-Titel als etwas angestrengt.
  • Hundevideos nicht alle lustig finden. Ich lese viel News. Viele, die nur unterhalten. Und trotzdem bin ich erstaunt von der direkten Aussage von Bernhard Brechbühl im oben erwähnten Interview, dass das Portal «null intellektuellen Dünkel hat».

Die Geschichten passen ideal ins Zeitfenster im Zug oder Tram. Das Versprechen der täglichen Auswahl an packenden Geschichten ist für mich zu mutig für das eher dünne Angebot an Geschichten. Aus Versehen habe ich übrigens beim Testen mehrmals Storyfinder anstelle von Storyfilter eingeben. Ein noch unerfüllter Wunsch, wirklich gute Geschichten zu finden. Die Info-Häppchen via Storyletter probiere ich weiter aus. Trotzdem erinnern mich die Info-Häppchen an eine kürzlich geführte Diskussion übers Zeitungslesen. Erkenntnis: das spannende am Medienkonsum besteht nicht nur aus News-Lesen, sondern darin, eine Geschichte und deren Entwicklung über längere Zeit mitzuverfolgen und sich darauf basierend eine Meinung zu bilden.

Weiterführende Links:
– Anstoss-Newsletter zu «Inhalt macht den Unterschied – Tipps für mehr Relevanz»
– Bernetblog-Beitrag zur Formel für guten Inhalt «Was ist eigentlich…: Das DATIF-Prinzip?»
– Portal Storyfilter
– Geschichten mit Tiefgang online bei Journal 21 und gedruckt im Reportagen. Die Auswahl, was man Lesen möchte, muss selber getroffen werden.

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