Internet-Governance: Wer regelt das globale Miteinander im Netz?

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Wer verwaltet das Web? Wer übernimmt Verantwortung, setzt Grenzen und Regeln? Wir delegieren wichtigste Alltags-Aufgaben ins Netz, aber kaum jemand interessiert sich für das Woher und Wohin. Edward Snowden zeigte, wie sich Mächtige das zunutze machen. Der Kongress NETmundial wollte nun global Regeln setzen  und eine Roadmap für die Durchsetzung definieren. 

Wir posten Selfies, teilen Filme, wir konsumieren, geschäften und studieren via Web. Wer macht das möglich? Wem gehören die Kanäle (Netzneutralität)? Wer schaut zu und wer speichert was (Überwachung)? In den letzten drei Jahrzehnten wurde mit rasantem Tempo eine riesige und geniale Informations-Maschine gebaut. Sie hat eine enorme Kraft – diese kann postitiv wie negativ genutzt werden. Was können wir tun, damit alles in guten Bahnen bleibt?

Braucht es eine Internet-UNO?

In seiner Spiegel-Kolumne verglich Sacha Lobo ein mögliches Vorgehen mit der UNO-Gründung. Zur Beurteilung von Gut und Böse und zur Einhaltung entsprechender Regeln gründeten 193 Staaten nach dem zweiten Weltkrieg die Vereinten Nationen. Sie definierten Völker- und Menschenrechte und organisierten sich, um diese zu verteidigen. Dieser 70-jährige Kraftakt steht uns im Web noch bevor. Brasilien – etwas angesäuert aufgrund der Snowden-Enthüllungen – ergriff nun die Initiative und lud zur NETmundial ein. Am Kongress vom 23. und 24. April sollten erste Schritte in Richtung Internet-UNO gegangen werden.

Multistakeholder für Regeln und Roadmap

Im «High-Level-Multistakeholder-Komittee» sassen neben zwölf Staaten auch zwölf «zivile Stakeholder» (Zivilorganisationen, Tech-Community, Business, Hochschulen), die EU-Komission sowie die UN-Organisationen ITU und DESA. Anwesend am Kongress waren rund 900 ihrer Vertreter/innen. In einem etwas chaotischen Verfahren (gut beschrieben bei Netzpolitik.org) einigte sich das Komittee auf gemeinsame Regeln und eine Roadmap für das weitere Vorgehen. Der Inhalt des «NETmundial-Multistakeholder-Dokument» (s. auch unten eingefügt) stützt auf gemeinsam definierte Werte, integriert die Menschenrechte und macht Aussagen zu kultureller und sprachlicher Vielfalt, Offenheit, Transparenz oder zur Anwendung offener Standards.

Zu wenig deutlich – aber ein Anfang

Das Dokument ist nicht bindend und Teilnehmende wie Beobachter zweifeln die Wirksamkeit an. Die Aussagen sind ihnen zu wenig deutlich. Man erhoffte sich beispielsweise eine klare Aussage zur Massenüberwachung als Verletzung von Menschenrecht – diese wurde stark abgeschwächt. Auch klare Statements zur Netzneutralität erhoffte man sich vergeblich. Einig ist man sich aber über Wichtigkeit und Dringlichkeit des Prozesses und über den gelungenen «Multi-Stakeholder»-Ansatz.

So «historisch» wie erhofft wurde die NETmundial Konferenz und ihr Statement nicht. Aber man wird sich an erste wackelige Schritte hin zum gemeinsamen Verständnis erinnern.

Weiterführend:

NZZ «Ein roter Faden für das Netz», 25.4.14
Spiegel Online «Internetkonferenz fordert Schutz der Privatsphäre», 25.4.14
Twitter-Wall #NETmundial2014 mit riesiger Linksammlung

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