Journalisten mögen sie, die Leser auch, und Vorgesetzte überzeugen wir am liebsten auch mit Zahlen. Sie machen aus Botschaften scheinbar Fakten. Aber Achtung: Zahlen sprechen nicht für sich. Wir können sie uns nicht vorstellen – ausser mit Vergleichen.
Im Jahr 2014 sei den Zahlen der Sinn abhanden gekommen. Das schreibt Seth Fiegerman in einem Mashable-Artikel. Anlass dafür gab der Verkauf von Whatsapp an Facebook für 16 Milliarden Dollar. Twitter war am ersten Tag an der Börse rund 25 Milliarden Dollar wert. Und für den Wert von Snapchat kursiert die Zahl von 10 Milliarden Dollar.
Die Preise, so scheint es, schaukeln sich gegenseitig hoch. «Coherent arbitrariness» nennen dies zwei im Mashable-Artikel zitierte Ökonomen – kohärente Willkür. Gemeint ist: Das Muster der Bewertungen erzeugt die Illusion einer rationalen Ordnung. Wenn Twitter 25 Milliarden Dollar wert sein soll, dann scheinen 10 Milliarden Dollar für Snapchat realistisch. Milliarden beeindrucken uns im Jahr der grossen Zahlen 2014 nicht mehr.
Fehlender Realitätsbezug
Das ist auch für Kommunikationsprofis bedeutend. Denn das Beispiel zeigt: Wir versuchen Zahlen einzuordnen, scheitern damit aber. Zahlen fehlt oft die Relation. Wer kann sich eine Milliarde vorstellen? Oder eine Million? Zahlen sprechen nicht für sich alleine, ausser wir setzen sie in ein Verhältnis. Mit Vergleichen können wir sie fassbar machen.
Wenn Sie also demnächst Zahlen kommunizieren – sei es in einem Referat, einer Medienmitteilung oder einem Blogpost – fragen Sie sich: Welche Aussage beziffert die Zahl? Und mit welchem Vergleich können Sie diese Aussage in ein Verhältnis setzen? Die Möglichkeiten sind zahlreich:
- Benchmarks sind Vorbildwerte. Unternehmen vergleichen sich damit mit den besten Wettbewerbern (Definition bei Gründerszene.de).
- Vergleiche mit Alltagsgrössen machen Zahlen fassbar: Wir hören sie oft in den Medien: «Das entspricht der Fläche von X Fussballfeldern», oder «…x Mal der Strecke um die Welt».
- In Kombination mit Infografiken werden solche Vergleiche noch fassbarer. Besonders schöne Beispiele sind die Infografik von Watson über die Verursacher des Staus auf der Zürcher Hardbrücke oder diese Infografik bei Buzzfeed, die erahnen lässt, was es für GM bedeutet, 29 Millionen Autos zurückzurufen.
- Etwas virtueller aber trotzdem hilfreich sind Vergleiche in der Zeit (Zahlen aus dem Vorjahr, dem Vorquartal).
- Oft verwendet auch: Das Verhältnis zur nächst grösseren Referenz: Der Umsatz im Verhältnis zum Gesamtmarkt, die Anzahl Geburten mit der Gesamtzahl des Landes, etc. etc.
Und wenn die Vergleiche nun noch immer schwer fallen, inspirieren vielleicht die (nicht ganz ernst gemeinten) Diagramme im Graphitti-Blog oder diese wichtigen Statistiken von Zukkihund bei Kult. Zumindest der Realitätsbezug fehlt hier nie.
Weiterführend:
Infografiken selber erstellen
Infografiken: Qualitätsmerkmale und Beispiele
Social Media Gipfel: Return on Investment
Schweizer Facebook Zahlen im bernetblog.ch
Bild: Malen nach Zahlen oder: Counting Trees von André Hofmeister bei Flickr nach cc-by-nc.
Drüben bei blog.carpathia.ch les ich grad ein interessantes Praxisbeispiel zum Thema:
http://blog.carpathia.ch/2014/11/30/onlineanteil-branchenluege/
Beispiele über Zahlendreherei gibts zuhauf. Sorgfalt ist gefragt.