Journalisten im Web: Daniel Puntas Bernet, Journalist und Verleger Reportagen

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Seine Leser schätzen gedruckte Geschichten, er wertet das persönliche Gespräch am höchsten und Social Media nutzt er nicht. Daniel Puntas Bernet erzählt, wo Social Media trotzdem dazugehört und wie er damit umgeht. 

Die Serie «Journalisten im Web» porträtiert Redaktorinnen und Redaktoren und ihren Alltag im Social Web im Rahmen einer qualitativen Studie von Bernet_PR und dem Institut für angewandte Medienwissenschaften IAM der ZHAW. Der Hashtag zur Studie: #jstudie14.

Der heutige Verleger des Magazins Reportagen kam 2008 als Journalist zum ersten Mal mit Social Media in Kontakt. «Es hiess: Mach doch einen Artikel über dieses Ding da, welches alle Facebook nennen. So sah ich mich auf facebook.com um und am nächsten Sonntag war ein Artikel in der NZZ am Sonntag», erzählt Daniel Puntas Bernet. Seither hat er einen ungenutzen Facebook-Account. Sein Redaktionsalltag besteht aus Telefonieren, Lesen, E-Mails schreiben und persönlichen Gesprächen. Social Media spielt dabei keine aktive Rolle.

Kein Ersatz für den persönlichen Kontakt
Recherchiert Daniel Puntas Bernet eine eigene Geschichte, beginnt diese im Web und endet am Ort des Geschehens. Vom «kalt» schreiben hält er nichts und sagt: «Da schreibt man über Milchpreise auf der Basis von Statistiken und Expertengesprächen – aber war noch nie auf einem Bauernhof!» Als Reporter arbeitet er seit einigen Jahren kaum mehr, dieses Jahr war eine Ausnahme. Viel habe sich nicht geändert, meint er. «Die Kerntugenden sind die gleichen. Man muss vor Ort sein, die Leute spüren. Da hilft mir Digitales nicht.» Für manche mag sich die Suche und die Kontaktaufnahme erleichtern, für ihn bleiben aber die klassischen Kanäle entscheidend.

Artikel zum Mitnehmen 
Die digitalen Helfer überzeugen ihn da, wo sie Nutzen bringen: Beim Lesen. Die Pocket-App übernimmt die Ablage der Artikel, damit sie von überall her und auf allen Geräten wieder aufrufbar sind. «So nehme ich die Artikel, die ich finde oder mir empfohlen werden, überallhin mit. Ich habe keinen Layoutkrieg, muss nichts ausdrucken – die Pocket-App ist convenient. Ich kann schnell einen Text abspeichern und es irgendwo lesen.» Die Technik vereinfacht den Alltag. Kein Einfluss nimmt Social Media auf die Arbeitsschritte: «Ich suche nach Geschichten, Themen und Autoren, welche sich mit mir jeweils direkt austauschen. Empfehlungen bleiben persönlich und kommen auf den herkömmlichen Kanälen zu mir.» Die Online-Recherche helfe unterdessen jedoch, die Themenvorschläge von Autoren besser einzuschätzen.

Der Online-Redaktionsraum
Die Redaktion des Reportagen besteht aus sieben Personen und ist dezentral organisiert. Pro Jahr entstehen sechs Hefte, seit 2011. «Wir treffen uns nur sechs bis achtmal pro Jahr. Weil wir uns so wenig sehen, ist es Bedingung, dass wir konstant in Kontakt stehen.» Da kommt ein weiterer digitaler Helfer zum Einsatz: Themen, Kommentare und Anregungen werden im Forum platziert. «Das Forum ist unser Online-Redaktionsraum.» Der interne Chatroom schafft Verbindlichkeit mit Terminen und erlaubt, dass alle mitsprechen können – ob bei der Auswahl von Geschichten oder dem Heft-Cover. «Das Tool? Ich weiss nur, wie ich mich einloggen kann. Von überall her.»

Pragmatischer, stilgerechter Einsatz
«Für Reportagen bin ich froh, dass jemand aus dem Team bei der Weiterverbreitung Facebook und Twitter nutzt. Das ist ein pragmatischer Entscheid, mir wäre das fremd.» Die Abstimmung der Aktivitäten und der Tonalität auf den Kanälen geschieht laut Daniel Puntas Bernet laufend. Alle Redaktionsmitglieder teilen die gleiche Vorstellung vom Auftritt, der Grundsatz: über die Inhalte auf sich aufmerksam zu machen. «Die Leser achten sehr genau, was man macht und ob es zum Stil passt», ergänzt er.

Im Gespräch entsteht Neues
Viel Interaktion gibt es auf den sozialen Medien nicht. Verbreitet werden die Informationen zu den neuen Ausgaben oder zu Anlässen, die vom Reportagen initiiert werden. Feedbacks kommen per Mail und in Gesprächen. Der persönliche Kontakt ist entscheidend für Daniel Puntas Bernet: «Im Gespräch entsteht immer etwas.» Und bei Reportagen vor allem offline. Zum Beispiel als ein Journalist  für ein Magazin nach Mali unterwegs war und am Flughafen Zürich ein Reportagen kaufte. «Im Impressum sah er die Telefonnummer. Es war Sonntagabend. Er rief mich an und sagte, er fliege nach Mali und möchte für uns eine Geschichte schreiben. Über Twitter und Facebook hätte er mich jedenfalls nicht erreicht. Unsere Leser interessiert das Magazin. Alles drumherum ist Zugabe.»

Steckbrief
Daniel Puntas Bernet, 49, Journalist und Verleger Reportagen

  • Journalist seit seiner ersten Reportage 2001
  • Ungenutzte Accounts bei Facebook und Twitter

Weitere Blogbeiträge aus unserer Studie «Journalisten im Web»:


alle Portraits der Serie «Journalisten im Web»

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