Reichweite auf Facebook: (wie) geht das noch?

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Facebook steht bei Marketern und Kommunikatoren in der Kritik: Nach dem Teenie-Exodus beklagen Community-Manager seit längerem die fehlende Reichweite für Posts von Unternehmensseiten. Was ist da dran? Was tun, damit sich die Bemühungen auf Facebook auch im Jahr 2016 noch lohnen?

Ein Facebook-Post erreicht durchschnittlich erfahrungsgemäss nur noch etwa 10 Prozent aller Fans einer Unternehmensseite, Tendenz sinkend. Manche behaupten, Facebook tue dies, um den Druck für gesponserte Posts zu erhöhen. Die einleuchtende Erklärung von Facebook hingegen lautet: Immer mehr Seiten posten Beiträge, also muss Facebook besser filtern, damit ich als User nicht mit Posts überschwemmt werde (Beitrag von Facebook dazu). Kurz: Das Publikum für einen einzelnen Facebook-Post wird immer kleiner. Sichtbar wird das in Facebook-Analytics  bei der Messgrösse «organische Reichweite» oder bei der Angabe direkt unter dem Beitrag: «XXX erreichte Personen».

Screenshot Facebook-Beitrag mit Angabe zur organischen Reichweite.

Die verschmähten Fans

Fans sammeln alleine lohnt sich nicht mehr. Denn viele Fans können für die Reichweite sogar kontraproduktiv sein. Dann nämlich, wenn Facebook-Posts kaum Interaktionen hervorrufen. Zu Interaktionen zählen nicht nur Gefällt-mir-Angaben, sondern auch Klicks auf Links, geteilte Beiträge oder Kommentare. Die Interaktionsrate – also die Interaktionen pro Fan – sind nämlich für Facebook ein Indikator dafür, wie interessant eine Seite für das Publikum ist. Passive Fans senken diese Rate. Möglichst viele Fans zu haben, ist also kein sinnvolles Ziel mehr (Beitrag dazu von allfacebook.de).

Die Anzahl Fans ganz zu vernachlässigen, führt aber ebenso ins Abseits. Vielmehr ist ein weiterer Anspruch dazugekommen: Um Reichweite zu erlangen, muss eine Seite viele Fans UND viel Interaktion aufweisen.

Stattdessen Werbung schalten?

Reichweite erlange man mit Facebook-Ads, hört man derzeit vielerorts. Allfacebook hat dies mit ironischem Unterton als Devise für 2016 herausgegeben. Richtig ist: Mit Facebook-Ads und guten Targeting lassen sich Zielgruppen viel gezielter nach Interessen, Ort, Alter, Geschlecht und vielen Variablen mehr ansprechen – weit über den Kreis der eigenen Fans hinaus.

Sollen wir also unsere Redaktionspläne umstellen und ab sofort nur noch Facebook-Ads schalten mit klar definiertem Conversion-Ziel? Dem Download einer App etwa oder eines Whitepapers? Der Teilnahme für einen Event? Oder dem Kauf eines Turnschuhs? Auch – aber nicht nur. Denn auf lange Sicht macht sich ein Unternehmen auf diese Weise weder spannender noch einzigartiger.

Mehr Reichweite mit Live-Video und Facebook-Search?

Zwei neue Facebook-Funktionen helfen vielleicht weiter:

Search verspricht mehr Sichtbarkeit für Facebook-Seiten via Suche. Thomas Hutter hat die neusten Entwicklungen hier zusammengefasst. Verfügbar ist die Suche vorerst nur in der US-Amerikanischen Sprachversion. Allerdings sind gerade für die Suche Interaktionen anderer Nutzer von Bedeutung. Auch hier gibt es also nur Aufmerksamkeit für Beiträge, die vom Publikum geschätzt werden.

Im Dezember kündigte Facebook zudem Live-Video für Unternehmensseiten (Beitrag bei The Verge) an, vorerst steht die Funktion aber nur verifizierten Seiten (Facebook-Hilfe zu verifizierten Seiten) offen. Weil Videos in der Regel viel Interaktivität bringen, ist diese Funktion spannend, um Reichweite zu erlangen. Die Kehrseite: Die Konkurrenz wird auch hier wohl schnell gross werden und den Aufwand für Reichweite vergrössern.

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Von Journalisten lernen

Was also hilft, um wahrgenommen zu werden? Sich fragen, was den User bewegt, inspiriert, erfreut. Pointierte Meinungen sind gut, Humor – aber auch Lehrreiches. Humans of New York machen es vor, indem sie Menschen zeigen, mit persönlichen Geschichten. Oder der Cork English Teacher mit lehrreichen Infografiken. Es lohnt sich, streng zu sein bei der Auswahl der Inhalte, die wir posten. Beiträge ohne Interaktion nutzen nichts.

Lernen können wir dabei vor allem von Journalisten. Schauen Sie sich ein gutes Print-Magazin oder den redaktionellen Mix eines Radioprogrammes an. Denn Blattmacher und Redaktionsleiter mussten es immer schon können: Die Aufmerksamkeit des Publikums gewinnen – gegen grosse Konkurrenz.

Weiterführend

Alle Beiträge zu den Schweizer Facebook-Zahlen 
Alle Beiträge zu Facebook bei bernetblog.ch
Trends Kommunikation 2016: weniger, genauer

Bild: Facebook Connections von Michael Coghlan CC by-SA 2.0.

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