IAM live 2018: Corporate Influencer sind (auch nur) Menschen

Nach den Kunden, Fans und Promis sind jetzt die Mitarbeitenden dran. Interne sollen als Botschafter die Marke von innen strahlen lassen. Wie sieht die Kommunikations-Wissenschaft diese «Corporate Influencer»? Was darf man von ihnen erwarten, wie soll man sie unterstützen und wo liegen Grenzen? Der grosse Jahres-Event des IAM brachte gestern Studienresultate und Experten-Meinungen.
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Das Social Web ist geknüpft aus Milliarden von Nutzern mit ihren Inhalten, Kommentaren und Beziehungen. Dieses Netz ist nicht starr. Es lebt, wächst und bewegt sich. Hier verdichtet es sich, dort zeigt es Lücken, Schwach- oder gar Bruchstellen.

Netz-Evolution: Information, Content, Dialog, … – und jetzt?

Das Netz hat sich in den letzten 20 Jahren in Phasen entwickelt: Der Aufbau von Webpräsenzen erfolgte bis weit in die Nullerjahre. Dann entdeckten wir News, Aktualität und Wissenstransfer via dynamische Inhalte in Blogs und den Dialog auf den Plattformen. Jetzt steht der Einbezug der internen und externen Dialogpartner als «Influencer» an.

Geld oder Geist

Die zielgerichtete Kommunikations-Arbeit mit diesen Meinungsmachern geriet schnell in Verruf. Schuld daran ist die als «Influencer Marketing» verstandene, bezahlte Präsenz auf den Promikanälen von Twitter bis Instagram. Wer ist ein glaubwürdiger, authentischer Botschafter? Wie viel kostet das bei einem hohen Anteil an Fake-Followern? Hebt man mit unbezahlter Beziehungspflege – Influencer Relations – diese Arbeit auf ein neues Niveau? Bevor Externe über das Unternehmen sprechen – sind wir Mitarbeitenden nicht die wichtigsten Botschafter (intern vor extern)?

Botschafter, Influencer – und vor allem Menschen

Ist jeder Mitarbeiter ein Corporate Influencer, der sich öffentlich zum Unternehmen äussert? Botschafter waren sie schon vor dem Web. Aber ohne die Reichweite und Dynamik des Netzes. Ein Corporate Influencer verfügt über Themen- und Kanalkompetenzen, ist breit vernetzt, offen und hat Ausstrahlung auf seine Community. Lassen sich diese starken Persönlichkeiten «orchestrieren»? Diese drei Botschaften vom #IAMLive-Podium sind mir besonders hängen geblieben:

  • Motivieren statt verhindern
    Kontrolle, Anweisung, Einheitlichkeit sind definitv passé und für grosse Organisationen schlicht nicht mehr bewältigbar. IAM-Professorin Nicole Rosenberger: «Es geht weniger um Kontrolle als vielmehr um Monitoring und die Befähigung der Mitarbeiter. Und das ist eine Frage der Unternehmenskultur».
  • Influencer sind (auch nur) Menschen
    Es darf nicht um Orchestrierung oder gar Instrumentalisierung der Mitarbeitenden gehen. Sondern um neue Chancen mit einem hohen Anspruch an die Identifikation. Sarah Stiefel, SBB: «Es geht (neben dem Befähigen und Trainieren) eben auch darum, das Bewusstsein für die eigene Rolle auf Social Media zu entwickeln. (…) Wir sind alles Menschen, die nicht nur arbeiten. Die Vernetzung dieser Welten ist spannend, aber man muss sie begleiten.»
  • Weniger ist mehr. Schluss mit Fake!
    Die Glaubwürdigkeit entsteht dort, wo Menschen aus ureigenem Willen ein Anliegen oder eine Leidenschaft vertreten. Dies führt unweigerlich zu einer Auslese. In der Kommunikationsflut bestimmt sie die Aufmerksamkeits-Ökonomie. Weniger ist mehr. Wir Kommunikations-Profis begleiten diesen Prozess.

Es wird sich weisen, welchen Teil diese Corporate Influencer im Kommunikations- und Online-Gesamtmix einnimmt. Die Motivation und Fähigkeit ist nicht jedem gegeben, sich öffentlich oder in einer Community zu äussern. ‚Zum Glück‘, ist man versucht zu sagen. Aber jene unter uns, die mit Esprit ihr Wissen und ihre Erlebnisse teilen, tragen die Unternehmens-Kommunikation aktiv mit.

IAM live (Twitter #IAMlive, Video-Broadcast via Facebook) ist der jährliche Anlass des Institutes für angewandte Medienwissenschaft an der ZHAW (weitere bernetblog-Beiträge dazu). Heuer präsentierten Nicole Rosenberger und Markus Niederhäuser Resultate aus ihrer demnächst erscheinenden Corporate-Influencer-Studie. Im Plenum diskutierten Sarah Stiefel (SBB), Moritz Kaufmann (Sonntagsblick) und Edi Estermann (SRG) mit Nicole Rosenberger und Claudia Sedioli (ZHAW). Mit dem IAM als wissenschaftlicher Partner forschen wir seit vielen Jahren zu Online-Themen – eine weitere Studie folgt noch dieses Jahr. 

Bild: zvg. ZHAW, Fotograf fotomentum, Mauro Moschetta

Weiterführend: 
bernetblog-Beiträge zu Community Communication, Influencer und zum IAM

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