Journalisten im Web: Bettina Hamilton-Irvine, Journalistin und Dozentin

Bettina Hamilton-Irvine ist Co-Leiterin Inland bei der Republik und Blattmacherin bei CH Media. Zu Social Media hat sie ein ambivalentes Verhältnis. Für die Arbeit holt sie sich dort in erster Linie Inspiration für Themen, Geschichten und Interviewpartner.
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Die Serie «Journalisten im Web» portraitiert Redaktorinnen und Redaktoren und ihren Alltag im Social Web im Rahmen einer qualitativen Studie von Bernet Relations und der ZHAW. Die Zusammenfassung und Auswertung der Studie erfolgte (bereits zum dritten Mal nach 2015 und 2017) im Herbst 2019. Der Hashtag zur Studie: #jstudie19.

Im Berufskontext nutzt Bettina Hamilton-Irvine vor allem Twitter. Hier findet sie Geschichten und Themen, auf die sie sonst nicht gestossen wäre. «Twitter nimmt für mich verschiedene Funktionen ein, sei es als Inspiration, als Quelle oder zum Finden und Kontaktieren eines möglichen Interviewpartners.» Facebook nutzt die Journalistin nur privat, für Instagram sei sie «zu alt». «Ich habe ein ambivalentes Verhältnis zu Social Media. Einerseits sind sie toll, denn sie eröffnen einem eine neue Welt. Man kommt mit Leuten und Themen in Kontakt, denen man sonst nicht begegnet wäre. Gleichzeitig können sie einen vereinnahmen und ein enormer Zeitfresser sein. Zudem besteht immer die Gefahr, dass eine Aussage nicht im richtigen Kontext verstanden wird.» Social Media seien eine Bubble, die nicht die Realität abbildet und wo der Empfängerkreis eingeschränkt sei.

Social Media von Anfang an Teil der Überlegungen

Am Beispiel der Republik zeigt sich der hohe Stellenwert von Social Media für ein Online-Magazin. «Bei der Republik waren Social Media von Anfang an Teil der Überlegungen. Während es gewünscht ist, dass alle mit ihren persönlichen Accounts aktiv sind, kümmern sich das Marketing-Team und der Community-Manager um Strategie und spezielle Projekte.» So würden Video-Teaser explizit für Social Media produziert, zum Beispiel als Ankündigung auf eine grosse Story. «Bei jedem Artikel überlegen wir uns von Beginn weg, wie wir das Thema auf Social Media bringen wollen. In unserem CMS ist es auch standardmässig drin, dass wir einen für Social Media passenden Titel und Lead verfassen.» . Denn während das Magazin sonst nur Abonnenten zugänglich ist, können Artikel «gratis» auf Social Media verteilt werden. So schafft es das Magazin, potenzielle Neuabonnenten auf sich aufmerksam zu machen.

Dialog als Pfeiler

Die Republik lebt eine ausgeprägte Dialog- und Debattenkultur. «Auf unserer Webseite gibt es heftige Diskussionen zu unseren Artikeln. In der Regel beteiligen sich daran Abonnenten, die ein spezifisches Interesse haben und nicht nur schnell etwas loswerden wollen – so entstehen interessante Diskussionen, mit teilweise sehr langen Beiträgen.» Sie als Journalisten seien angehalten, sich aktiv zu beteiligen, sich zu für Feedback zu bedanken und Kritik entgegenzunehmen. «Diese Diskussionen zu verfolgen kann aufwändig sein. Der Republik ist dies aber so wichtig, dass alle Journalisten rund 10% für den Dialog investieren sollen.» Ein Community Manager schaut regelmässig rein, und macht die Journalisten darauf aufmerksam, falls sie etwas verpasst haben sollten.

Kein wesentlicher Einfluss auf die Kommunikation mit Unternehmen

In der Kommunikation mit Unternehmen spielen Social Media eine untergeordnete Rolle. «Bei der Republik läuft in der Regel alles direkt über Personen und Quellen. Bei CH Media gibt es mehr Kontakte zu Unternehmen. Hier läuft aber immer noch das Meiste über die Redaktions-E-Mail-Adresse.» Es gäbe auch Leute, die über Twitter-Direktnachrichten versuchten, Aufmerksamkeit für ihre Firma zu bekommen. Dies fände sie aber mühsam – genauso wie auf LinkedIn, wo es recht häufig passiere. «Auf solche Anfragen reagiere ich meistens gar nicht. Das ist für mich Spam.» Social Media sei zu persönlich für PR. «Ich antworte höchstens, wenn jemand kurz schreibt, er hätte eine Idee für eine tolle oder exklusive Geschichte – das kommt aber sehr selten vor.»

Steckbrief

Bettina Hamilton-Irvine, 41
Journalistin seit 2004
Auf Facebook seit 2007
Auf Twitter seit 2012

Weiterführend

Alle Artikel über unsere Studie «Journalisten im Web»

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