Human or bot? Drei Fragen und Antworten zum Thema automatisierter Journalismus

Immer mehr Verlage generieren automatisierte Beiträge. Doch woran erkennt man die mit Hilfe von künstlicher Intelligenz verfassten Artikel? Und was bedeutet das für den Journalistenberuf?
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Die New York Time tut’s, die Washington Post tut’s und auch Tamedia und die Nachrichtenagentur Keystone-SDA tun’s. Immer öfter generieren Redaktionen automatisierte Artikel, die von Bots anstatt von Journalisten geschrieben werden. Die «Roboterjournalisten» wie Tobi (Tamedia) und Lena (Keystone-SDA), kommen vor allem bei datenbasierten Kurznachrichten zum Einsatz.

1. Werden Bots die Journalisten ablösen?

Der verbreitete Begriff «Roboterjournalist» vermittelt ein nicht ganz zutreffendes Bild. Denn es handelt sich nicht um eigentliche, physische Roboter, die eines Tages die Journalisten ersetzen werden. Vielmehr ergänzen die softwarebasierten Bots die Redaktion – vor allem, wenn es schnell gehen muss.

«Das Ziel der Bots ist die Unterstützung der Journalisten. Die Bots sind schnell und können auch in Bezug auf Neutralität punkten. Sie können aber nicht in allen Bereichen mithalten», sagt Filippa Heierli*. Sie untersuchte die Merkmale von softwarebasierten Artikeln in einer qualitativen Studie. Ein Beispiel: «Für die Sportberichterstattung ist ein Bot ein nützliches Tool. Mit Hilfe von Textsoftwares können schnell auf harte Fakten basierende Spielberichte verfasst werden. Der Journalist kann sich dabei auf die spannende Arbeit konzentrieren. Denn beim Verfassen von Hintergrundberichten (inkl. Vorgeschichte, Zitate der Spieler, Prognosen, etc.) kann ein Bot nicht mithalten», so Heierli.

2. Worin unterscheiden sich automatisierte und von Hand verfasste Artikel?

Gemäss ihrer Studie «The Rise of The Bots – How do automatically generated articles differ from human-written articles?» der Universität Fribourg unterscheiden sich die Artikel in diesen Punkten:

  • Schnelligkeit: Journalisten brauchen deutlich länger für einen Artikel. Im Durchschnitt verfassen sie aber auch die längeren Artikel.
  • Flexibilität und Kreativität: Journalisten verwenden mehr kreative Sprachelemente, sind unterhaltsamer und bringen öfters ihre Meinung ein.
  • Vielfalt: Die Bots tragen zur allgemeinen Vielfalt bei, da sie viele Artikel generieren können.
  • Relevanz, Neutralität und Zweckmässigkeit: Die Bots sind als Autor neutral und transparent während die Journalisten bezüglich Namen und Funktionen von Personen mehr Transparenz einbringen.

3. Müssen automatisierte Artikel gekennzeichnet werden?

Über die Kennzeichnung von automatisiert erstellten Texten wurde kürzlich auf der Jahrestagung des Netzwerks Medienethik  in München debattiert. Fast drei Viertel sprachen sich in einer Online-Umfrage für die Kennzeichnung von automatisiert erstellten Texten aus. 78 Prozent der Befragten plädierten zudem für allgemeingültige Standards. Auch in der Schweiz ist die Frage nach der Kennzeichnung noch nicht abschliessend geklärt.

 *Filippa Heierli, Kommunikationsspezialistin bei Siemens Schweiz, untersuchte im Rahmen ihrer Masterarbeit an der Universität Fribourg die Unterschiede der automatisierten und von Hand verfassten Nachrichtenartikel. Mehr dazu: The Rise of The Bots – How do automatically generated articles differ from human-written articles? Filippa Heierli & Daniel Beck, University of Fribourg (CH), 2019

Foto: Rock’n Roll Monkey bei Unsplash

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