Im Internet entscheiden Algorithmen, was wir zu sehen bekommen und was nicht. Basierend auf unserem Such- und Browsing-Verhalten werden uns Produkte und Dienstleistungen angezeigt, die am ehesten unseren Vorlieben und Interessen entsprechen. Nicht nur auf Basis von Interessen und Suchverhalten wird gefiltert – auch die Art und Interessen unserer (online-)Freunde bzw. die Interaktionen mit ihnen haben einen Einfluss.
«Harmlose» Produktewerbung vs. problematische Meinungsbubbles
Bei Werbung für Produkte und Dienstleistungen mag das Ganze harmlos bis hin zu praktisch sein (wie hätte ich sonst den tollen Kratz-Kaktus entdeckt, den meine Katzen so innigst lieben). Die Algorithmen sind dort problematisch, wo es um Meinungen und Fakten geht. Sie sorgen dafür, dass wir mehr von dem zu lesen und sehen kriegen, was uns gefällt – eine sogenannte (Filter-) Bubble entsteht. Wir sehen immer mehr Themen, Informationen und Personen, die uns und unserer Einstellung ähnlich sind. Alles andere verschwindet langsam aus unseren Suchvorschlägen und Timelines.
Jede*r von uns befindet sich in einer Bubble
Niemand von uns kann sich diesem Phänomen entziehen. Auch wir Kommunikationsmenschen befinden sich teilweise in einer Blase (man schaue nur auf den aktuellen Clubhouse-Hype). Besonders auffallend ist es jedoch, wenn man politisch extreme Kreise oder Anhänger von Verschwörungstheorien untersucht – die Bubbles scheinen hier fast undurchdringlich, die Polarisierung unaufhaltbar. Seriöse, neutrale News und neue Aspekte haben es in diesen Kreisen schwer. Sie schaffen es erst gar nicht in die Bubble der Community oder werden als (bewussten) Störfaktor abgetan, ignoriert oder sogar als Falschmeldung attackiert.
Eine neue Form von Schweigespiralen
In ihrer Theorie der sogenannten Schweigespirale untersuchte die Kommunikationswissenschaftlerin Elisabeth Noelle-Neumann in den Achtzigerjahren das Phänomen der öffentlichen Meinungsbildung. Sie besagt (unter anderem), dass Menschen dazu neigen, ihre eigene Meinung zu verschweigen, wenn sie befürchten, sich damit zu isolieren. Umgekehrt äussern sich diejenigen umso lauter und deutlicher, die sich durch die öffentliche Meinung unterstützt fühlen. Eine wichtige Rolle spielen hierbei die Massenmedien – sie bestimmen den öffentlichen Diskurs und somit auch, wer als «Sieger» dieser Schweigespirale hervorgeht.
Heute haben wir diesen klar definierbaren öffentlichen Diskurs über die Massenmedien nicht mehr. Je nach Community ist es ein Portal, ein Netzwerk oder eine Person, die die Rolle des Leitmediums bzw. Meinungsführers übernimmt. Je besser vernetzt eine Person in der Community, desto einseitiger die Informationen, die ihr angezeigt werden. Durch die zusätzliche Unterstützung und Belohnung in ihrer Community fühlt sie sich bestärkt, ihre Meinung zu äussern und das Schweigen zu beenden.
Was können wir tun, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen?
- Zuhören und im Dialog bleiben: Sei es on- oder offline: Tun wir eine Meinung oder Person nicht gleich nach einer Aussage in eine Schublade. Fragen wir nach, spiegeln wir und lassen wir uns auf eine Diskussion ein.
- Step outside the box: Versuchen wir, immer wieder die eigene Komfort-Zone zu verlassen – online aber auch offline. Indem wir unsere üblichen Settings, Informations- und Inspirationsquellen verlassen und offen sind für neue Perspektiven.
- Transparent sein und Quellen angeben: Haben unsere Meinungen eine echte Basis? Kann ich meine Behauptungen belegen? Besonders, wenn wir etwas öffentlich posten, sollten wir immer eine Quelle angeben. Diese sollten wir zudem auf ihre Seriosität prüfen – mittels einer kurzen Recherche ist ein Faktencheck fast immer möglich.
- Aktives Community-Management: Als Betreiber*in einer Organisations- oder Unternehmensseite müssen wir unsere Community-Manager im Umgang mit kritischen Kommentaren schulen. (Nach aussen) transparente Richtlinien, helfen, angemessen zu reagieren. Bei Beleidigungen, Grenzüberschreitungen ist die Lösung einfach: löschen. Und: remember to not feed the troll!
Was sind eure Tipps gegen den Teufelskreis der Bubble?
Photo by Andrew Wulf on Unsplash
Weiterführend:
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