Neue Medien im Profil: Neuer Berner Journalismus NBJ

Redaktionen zusammengelegt, verkleinert, Stellen abgebaut – unsere Medienlandschaft verändert sich rasant. Es fühlt sich mehr nach Schrumpfung an als nach Entwicklung. Täuscht das? Was für neue und mutige Ideen gibt's? Wir schauen hin und stellen in loser Folge neue Medienkonzepte vor.
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Heute schauen wir nach Bern. Ein vierköpfiges Gründer*innenteam packt selber an und lanciert ein eigenes Medien-Projekt. Marina Bolzli, Jürg Steiner, Joël Widmer und Jessica King – alles  Journalistinnen und Journalisten.

Im Teaser auf der Website steht: «Ein neues unabhängiges Online-Medium. Von Bern für Bern. Engagiert. Professionell. Gemeinnützig.» Für unsere Serie «Neue Medien im Profil» haben wir nachgefragt und zur Idee vom NBJ-Team mehr erfahren:

Was ist eure Vision?

Die Demokratie lebt vom Diskurs. Als gemeinnütziges Onlinemedium wollen wir in Zeiten von Redaktions-Fusionen eine neue, verlässliche und professionelle journalistische Stimme in der öffentlichen Debatte Berns werden und die Medienvielfalt stärken. Wir sprechen die Bevölkerung in der Stadt und Region Bern an. Menschen, die interessiert sind an dem, was kulturell, politisch und gesellschaftlich passiert. Kernelement ist ein Newsletter, der neben eigenen Beiträgen auch das Geschehen der Region und Artikel von anderen Medien kuratiert.

Warum gründet ihr ein neues Medium?

Wir wollen einen neuen Weg gehen: ein professionelles Online-Medium schaffen, das nicht Werbeflächen verkauft, sondern von den Leserinnen und Lesern finanziell getragen und von möglichst vielen Menschen gelesen wird. Grund für diesen Schritt ist die Medienkrise, das Zusammenlegen von Redaktionen und der Abbau von Stellen. Als Journalistinnen und Journalisten wollen wir selber etwas tun und der Entwicklung nicht einfach zuschauen.

Was sind eure grössten Herausforderungen?

Schaffen wir es, genügend Menschen von unserer Idee zu überzeugen – uns mitzufinanzieren? Viele geben ohne gross nachzudenken täglich CHF 4.50 für einen Espresso aus. Wollen sie aktuell informiert sein, ist ihnen CHF 1 pro Tag für journalistische Berichterstattung aber bereits zu teuer. Guter Journalismus ist in einer demokratischen Gesellschaft wichtig und Diversität für Konsumentinnen und Konsumenten interessant. Das kostet aber. Daher starten wir im Herbst ein Crowdfunding und hoffen, genügend Menschen begeistern zu können, einen Jahresbeitrag zu bezahlen. Online gehen, wollen wir im Fall einer erfolgreichen Finanzierung im ersten Quartal 2022.

Was macht ihr anders als andere?

Wir sind gemeinnützig und jeder Franken fliesst in den Journalismus, in die Löhne und Honorare. Kein Franken in Dividenden. Und wir verstehen uns als Labor für Lokaljournalismus – mit einem flexiblen Produktionsplan. Das erlaubt uns, bei komplexeren Themen genügend Zeit für die Recherche einzuplanen. Ohne Druck von Klicks und Werbegeldern. Als kleine Redaktion wollen wir hohe journalistische Kompetenz mit Agilität verbinden. Und wir haben schon den Anspruch, dass man bei uns Themen und Sichtweisen liest, die man in und um Bern sonst nicht findet.

Wo steht ihr in 2 Jahren?

Nach dem Break-even, als kleine und gute Redaktion selbsttragend finanziert. Und als ergänzende Stimme in Bern, die wahrgenommen wird. Mit vielen begeisterten Leserinnen und Lesern, die guten Journalismus und die Vielfalt an Stimmen in Bern schätzen.

Unser Fazit

In der Medien-Misere braucht es Menschen mit Visionen und Mut, die mit Herzblut, lokaler Verbundenheit und solidem Handwerk vorwärts gehen. Das Projekt macht Freude und wir bleiben weiter dran – und freuen uns auf eine neue Stimme in Bern. Wer unterstützen will, abonniert am besten den Newsletter, im Herbst startet das Crowdfunding.

Und weil mein Berner Herz für Berner Journalismus schlägt, schliesse ich mit dem Zitat: «NBJ rettet nicht die Demokratie und schon gar nicht die Welt, aber immerhin die Medienvielfalt in Bern.» 

Weiterführende Informationen
Mehr zur Vision von NBJ: neuerjournalismus.be
die Serie «Neue Medien im Profil»
vorgestellte Blogs bei «Blogger im Profil»
mehr bernetblog-Beiträge rund um Medien

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