Künstliche Intelligenz: Was sagt das Recht?

Die künstliche Intelligenz hält auch im Arbeitsalltag von Kommunikations-Profis Einzug. Insbesondere im Bereich des Urheberrechts tauchen dabei neue Fragen auf. Rechtsanwalt Philipp Kämpfer ordnet die aktuelle Rechtslage ein und gibt Ratschläge, worauf in der Praxis geachtet werden sollte.
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  • Herr Kämpfer, Künstliche Intelligenz-Technologien können mittlerweile Bilder malen, Texte schreiben, Musik komponieren und vieles mehr. Welche Herausforderungen und Fragestellungen ergeben sich hier im Bereich des Urheberrechts?

Das Urheberrecht regelte bislang grundsätzlich nur den Schutz von Werken, die von Menschen geschaffen wurden. Somit stellt KI das klassische Urheberrecht vor diverse Probleme. Was genau «Werke» der KI im Sinne des Urheberrechts sind, ist unklar. Aber auch die KI selbst kann unter Umständen bestehende Urheberrechte verletzen. So etwa, wenn KI-Kunst das Kunstwerk einer anderen Person benutzt, verändert oder imitiert. Wenn solche Werke anschliessend im Internet weiterverbreitet werden, verstärkt sich die Problematik. Dies, da im Internet praktisch immer internationale Sachverhalte vorliegen und dabei nicht immer klar ist, welches Recht überhaupt anwendbar ist.

  • Was gibt es bei der Quellenangabe und der Verwendung von KI-Erzeugnissen zu beachten?

Da viele rechtliche Fragestellungen im Bereich KI noch neu sind, sind sie noch wenig geklärt und befinden sich im Wandel. Für die Praxis gilt deswegen, tendenziell vorsichtig zu sein. Man ist mit einem möglichst umfassenden Verweis auf die verwendete KI als Quelle definitiv auf der sichereren Seite. Der Verweis sollte die KI selbst, die Website sowie allenfalls den Urheber der KI enthalten. Ansonsten riskiert man im schlimmsten Fall eine mögliche Urheberrechtsverletzung der KI gewissermassen zu «übernehmen».

  • Wem «gehören» die Erzeugnisse einer KI?

Das aktuell in der Schweiz geltende Urheberrecht schützt ausschliesslich von Menschen geschaffene Werke. KI-Erzeugnissen fehlt genau diese Voraussetzung, da sie von einer Maschine erzeugt werden. Sie sind daher aktuell in der Schweiz nicht urheberrechtlich geschützt, da es am Urheber im rechtlichen Sinne fehlt.

International ist diese Frage umstritten. In England wird beispielsweise die Ansicht vertreten, dass das Urheberrecht dem ursprünglichen Programmierer der KI zusteht. In China wird die Auffassung vertreten, dass es dem Nutzer zusteht, welcher die Inputs generiert hat. Nochmals andere Rechtsgelehrte meinen, das Urheberrecht gehöre jenen Personen, welche die Lerndatenbanken generiert haben, aus denen die KI ihr «Wissen» zieht. Welche Auffassung sich mittel- oder längerfristig international durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.

  • Ist es erlaubt, KI-Erzeugnisse kommerziell zu nutzen und Gewinn zu erwirtschaften? Wer hat Anspruch auf diese Gewinne?

Nach Schweizer Urheberrecht besteht wie erwähnt kein Schutz, also wäre auch eine kommerzielle Nutzung von KI-Werken grundsätzlich ohne Einschränkung erlaubt und der Gewinn steht jener Person zu, welche ihn erwirtschaftet. Es kommt aber zusätzlich darauf an, wie das Verhältnis des Nutzers zum KI-Hersteller oder dem Betreiber der KI-Plattform geregelt ist. Bei vielen Plattformen wird kein Vertrag zwischen Nutzer und Betreiber geschlossen.

Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass Plattformen, so beispielsweise die Kunst-KI «Midjourney» in ihren AGB eine Lizenz zur Benutzung der KI inkludieren. Dies ist ein Vertrag. In diesem Fall erlaubt die Lizenz dann in der Regel nur den nicht-kommerziellen Gebrauch der Erzeugnisse. Der erwirtschaftete Gewinn müsste dann unter Umständen dem Betreiber herausgegeben werden. International bestehen teilweise gesetzliche Regelungen, welche dies ausdrücklich regeln. Es ist also letztlich eine Abklärung im Einzelfall erforderlich.

  • Wer ist für Falschinformationen- oder Aussagen der Künstlichen Intelligenz und deren Folgen verantwortlich?

Wenn kein Vertrag vorliegt, ist die Situation ähnlich zu beurteilen, wie etwa bei selbstgesteuerten Fahrzeugen. Es haftet grundsätzlich der Hersteller der KI und eventuell zusätzlich der Betreiber (oder beide). Die genauen Folgen sind aber noch nicht geklärt und hängen zudem stark vom Einzelfall ab. Viele Programme, beispielsweise «ChatGPT» zeigen den Nutzern vor Beginn einen «Disclaimer», der diese darauf aufmerksam macht, dass die KI möglicherweise unzutreffende Informationen oder gefährliche Handlungsvorschläge generieren kann. So werden sich die Betreiber oftmals vor einer Haftung befreien können.

Liegt aber ein Vertrag vor, so wird die Verantwortlichkeit von der vertraglichen Konstellation abhängen. Hier ist zentral: Liegt ein Fehler in der KI vor oder nicht. Falls ein Fehler vorliegt, haftet eventuell der Hersteller (wobei hier Zurückhaltung gilt, da kaum eine Software fehlerfrei sein kann). Liegt der Fehler aber beispielsweise beim verwendeten Datensatz, dürfte eher keine Haftung vorliegen, da vom Hersteller unmöglich erwartet werden kann, jede einzelne Information zu prüfen. In der Praxis dürften die meiste Verträge aber ohnehin umfassende Haftungsausschlüsse enthalten, womit wiederum eine Prüfung des Einzelfalles erforderlich wird.

 

Porträtfoto von Philipp KämpferZur Person: Philipp Kämpfer ist als Rechtsanwalt in der Anwaltskanzlei Bratschi AG in Bern tätig und beschäftigt sich mit diversen zivilrechtlichen Fragestellungen, unter anderem im Bereich Medien- und Kommunikationsrecht. Die Bratschi AG ist eine der grössten Wirtschaftskanzleien in der Schweiz und setzt sich mit der bratschiACADEMY mit diversen LegalTech-Instrumenten auseinander, welche immer mehr auch auf Technologien der Künstlichen Intelligenz zurückgreifen.

 

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