Web 2.0-Konferenz: Michael Meier zeigt, wohin die Zeitung im Netz geht

/

logo-1.gifFür mich das Highlight des mcm-forums: Chefredakteur und Geschäftsführer der Netzeitung Dr. Michael Meiers Aussagen über Internet, Web 2.0, Verlage. Hier seine Kernaussagen zu Netzeitung als Online-Version der klassischen Zeitung, zu Kommentaren, zu Qualität und zur Readers Edition als lesergeschriebenes Online-Blatt.

Gegründet wurde die Netzeitung vor sechs Jahren – «wir verfolgten ohne Web 2.0-Visionen das Modell, eine klassische Zeitung im Netz aufzubauen». Mitte 2005 hat die norwegische Orkla Media die Netzeitung übernommen, im selben Jahr überholte sie Spiegel Online als meistzitiertes Online-Medium Deutschlands.

Kommentare sind aus Meiers Sicht Gift im üblichen Online-Journalismus. Wenn Online-Zeitungen ihre Artikel für unzensierte Feedbacks freigeben, so würden dort bald nur noch Diskussionen auf dem tiefsten Niveau geführt. Was nicht in ein Qualitätsumfeld gehören kann. Die Netzeitung selbst lässt für die von eigenen Redaktoren geführte Zeitung keine Kommentare zu. Im Juni dieses Jahres wurde zusätzlich die Readers Edition gestartet, wo die Lesenden zu Autoren werden können. Hier sind Kommentare unzensiert möglich und die Erfahrung zeigt, dass Kommentatoren mit den freiwilligen Autoren viel gemässigter umgehen.

Auch im Internet setzt sich für Meier auf Dauer nur Qualität durch. Damit das Niveau der lesergeschriebenen Readers Edition hoch bleibt, hat er folgende Massnahmen getroffen:

1. Nachricht statt Meinung: Jeder Beitrag muss eine Nachricht enthalten. Meinungen darf man anfügen.
2. Moderatoren sichern ab: Zwanzig Moderator/innen aus dem Kreis der Lesenden/Autoren sind damit beschäftigt, jeden Artikel gegenzulesen und gemäss Kriterien freizugeben.
3. Wiki als Manual: Ein Readers-Wiki zeigt die wichtigsten Tipps für die Freizeit-Autoren.
4. Leser qualifizieren: Lesende bewerten die Artikel und sorgen damit zusätzlich für eine natürliche Qualitätssicherung.
5. Leser kommentieren: Die Kommentarfunktion wird rege und kritisch benutzt.
6. Bezahlung: Es kann nicht ohne gehen – denn jede Art von Veredelung hat ihren Preis. Entsprechend werden die Moderatoren entlöhnt. Und wenn jemand aus der Autorenschaft eine interessante Story hat, so wird er fallweise auch für weitergehende Recherchen engagiert und bezahlt.

In diesem Video-Ausschnitt seines Referats sagt Meier, dass sich die Kampusch-Story als grösster Medien-Betrug seit den Hitler-Tagebüchern erweisen wird. Einer seiner Autoren sei inzwischen als bezahlter Reporter an dieser Geschichte dran.Nach rund vier Monaten habe die Readers Edition 50000 Unique Visitors pro Monat, tauche regelmässig und prominent in den GoogleNews auf. Bei der Netzeitung hätte es noch sechs Monate gedauert, bis die ersten Inserate da waren. Die Readers Edition hatte bereits nach sechs Wochen Werbeeinnahmen.Die Inserate auf der Netzeitung sind für mich zu oft als lästige Popups mitten über den Text gelegt. Interessant auch, dass ich von der Netzeitung nur über eine Suche nach «Kampusch» bei der Readers Edition lande. Eine seltsame Distanzierung – die Netzeitung ist dann im als Blog aufgebauten Autorenblatt prominent verlinkt. Mir persönlich ist der Themenmix der Readers Edition zu wenig relevant. Das Layout spricht an und es ist interessant, die verschiedenen Funktionalitäten wie das Autorenranking live zu testen.Hier der Link zur mcm Web 2.0-Konferenz vom 4. Oktober.

  • Kategorien
  • Tags

Kommentieren

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Pflichtfelder