Blogger im Profil: Nico Luchsinger

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signet-150-worte.pngSeit einem Jahr schreibt Nico Luchsinger einen Blog, dessen Beiträge nicht länger sind als 150 Worte. Trotz ambivalenten Erfahrungen ist er überzeugt: Blogs haben viel Potenzial, zum Beispiel als Wachhunde in der Medienlandschaft.

Laut Luchsinger verweist sein Blog «vorläufig konzeptlos» auf spannende Geschichten und Artikel. Schwerpunkte der Beiträge sind Politik und Medien. So findet man auf www.150Worte.ch einen Hinweis auf eine Webseite, die den amerikanischen Präsidentschaftsbewerber John McCain veräppelt, aber auch Nützliches wie Links zu neuen Studien und interessanten Webseiten.

Einiges Echo hat ein Beitrag unter dem Titel «Lebenslauf 2.0» ausgelöst. Darin stellt sich Nico die Frage, wie er seine über die Jahre gesammelten Erfahrungen in der virtuellen Welt in seinen Lebenslauf einbringen könnte. Wo könne er zum Beispiel festhalten, dass er nicht nur einen Blog schreibe, sondern auch viele andere lese? Und dass er wisse, wie Twitter funktioniere, und del.icio.us, und coComment? Für diese Informationen sei in einem klassischen Lebenslauf zwischen Berufserfahrungen, Sprachkenntnissen und Hobbys kein Platz.

Nico ist 25 und studiert Geschichte, Volkswirtschaft und Politologie in Zürich. Zudem arbeitet er als freier Autor für die NZZ. Ernsthaft am bloggen ist er seit einem Jahr.

Wieso bloggst du?

Erstens aus Neugier. Alle redeten von Blogs, doch ich hatte keine Ahnung davon, was ein Blog eigentlich ist. Zweitens geht es mir darum, mir eine „digitale Identität“ zu schaffen. Ich blogge über Dinge, von denen ich eine Ahnung habe – und meine Leser sollen merken, dass ich davon eine Ahnung habe. Anfangs stellte ich nur Links zu interessantem Material auf den Blog. Unterdessen sage ich auch einmal meine Meinung zu einem Thema. Das ist der entscheidende Punkt, wenn man will, dass der eigene Blog gelesen wird. Drittens blogge ich zur Informationsbeschaffung. Ich stelle meinen Lesern immer wieder einmal Fragen, um an Informationen zu gelangen. Allerdings muss das in beide Richtungen funktionieren: Meine Leser geben mir nur dann etwas, wenn sie das Gefühl haben, sie erhalten auch etwas zurück. Viertens schliesslich ist mein Blog eine Art digitaler Notizblock. Ich erinnere mich viel eher an ein interessantes Thema, wenn ich darüber gebloggt habe.

Was ist deine wichtigste Blog-Erfahrung?

Ich habe mit meinem Blog insgesamt ambivalente Erfahrungen gemacht. Es ist zwar erstaunlich einfach und wenig aufwendig, Informationen zu verbreiten und Kontakte zu knüpfen. Wenn man aber ein grösseres Publikum erreichen will, muss man sich sehr viel Mühe geben und sehr viel Zeit aufwenden. Ich habe inzwischen eine Balance zwischen Aufwand und Ertrag gefunden, aber am Anfang fühlte ich mich als einsamer Rufer in der Wüste, dem niemand zuhört. Eine andere wichtige Erfahrung ist es, wie unterschiedlich Leute aus meinem Umfeld auf den Blog reagieren. Manche Leute in meinem Freundeskreis interessieren sich überhaupt nicht für meinen Blog. Hätte ich ein Buch veröffentlicht, dann würde alle zumindest den Klappentext lesen. Das Schreiben eines Blogs gilt noch nicht als Leistung – obwohl es eine Leistung ist.

Dein grösster Blog-Wunsch?

Mehr Konversation. Und ich wünsche mir, dass die Schweizer Medien Blogs stärker wahrnehmen. Dass es daran mangelt, liegt allerdings zum Teil auch an den Blogs selber: Viele von ihnen sind nur auf sich selber bezogen. Das ist schade, denn Blogs haben meiner Meinung viel Potenzial. Sie könnten zu Wachhunden werden, welche die Arbeit der Medien kritisch begleiten.

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