Wer das Wort Astroturfing hört, denkt vielleicht an Astrologie oder an Pferderennen. Zu Deutsch heisst es Kunstrasen und bedeutet, dass Menschen Meinungen gegen Bezahlung äussern – eine verwerfliche PR-Praxis.
Astroturf steht im Gegensatz zur Graswurzelbewegung, englisch Grassroots. Die Grassroots ist eine Gruppe von Menschen, welche Initiativen vorwärts treiben, die ihnen am Herzen liegen. Astroturfing hingegen bezeichnet Propaganda von künstlichen Gruppen die sich im Auftrag Dritter auf Plattformen wie Zeitungen, Blogs oder Facebook engagieren.
Entweder werden Personen rekrutiert, die von Zentralen aus angeleitet werden, damit sie ihre Meinung so äussern, dass sie möglichst viele Personen erreicht. Diese Personen schreiben Blogbeiträge, E-Mails, Tweets oder Leserbriefe.
Eine Variante ist die Erzeugung von künstlichen Profilen auf Facebook. Firmen können dann gleich ganze Profilpakete bei Agenturen einkaufen. Diese künstlichen Facebook-User erscheinen als Liker bei Posts oder als Freund der Firma.
Dubiose Praxis
Geschichten von verdeckten PR-Aktivitäten geistern immer wieder durch die Medienlandschaft. Beim Bahnprojekt Stuttgart 21 standen die Befürworter des Projektes im Verdacht, Astroturfing zu betreiben. Der Pro-Stuttgart 21-Aktivist und Agentur-Besitzer Christian List hat die Projektwebsite nicht unter seinem Namen, sondern unter dem Namen seiner Agentur registriert. Zu den Kunden dieser Agentur zählt unter anderem die Deutsche Bahn oder die Marketing Agentur der Stadt Stuttgart.
Moralisch bedenklich
Letztlich geht es bei der undurchsichtigen Praktik um Werbung. Man wird direkt auf eine Anzeige oder ein Thema geschubst und das unter Vorspiegelung falscher Tatsachen. Dies verstösst es gegen die PR-Kodizes welche unter anderem vorschreiben, dass PR-Aktivitäten klar als solche erkennbar sein müssen.
Es empfiehlt sich aber definitiv nicht, Astroturfing zu betreiben. Die Rufschädigung bei Aufdeckung ist immens.
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Astroturfing gibt es nicht nur auf der „bösen“ Unternehmensseite, sondern ist auch ein Mittel im Rahmen des NGO-Campaignings. Dazu gibt es zu Mammut und zu KitKat interessante Hinweise. Ausserdem: Astroturfing oder Altdeutsch: Leserbriefmanagement gehörte schon immer zum Kampagnen-„Handwerk“, gerade in der Schweiz auch im Vorfeld von Abstimmungen.
Vielen Dank für den Input. Das Gebiet ist sehr Gross. Mir ging es vorderhand darum, den Begriff kurz zu erklären. Bestimmt könnte man das Thema wieder einmal aufgreifen und von der anderen Seite beleuchten.
Hallo, eine besondere Form des Astroturfings hat Herr George Monbiot auf Cyber-Watch.ch beschrieben:
http://www.cyber-watch.ch/sicherheit/online-„astroturfing“-weiter-fortgeschritten-und-starker-automatisiert/
Diese Form scheint mir die unterschwelligste und gefährlichste Art zu sein.
Hallo Gordian Hense, vielen Dank für den Link. Sehr spannend. Und sehr gruselig wenn man sich überlegt, wie einige Menschen ihre Brötchen verdienen.