US Medien: Tablets bringen Leser, Online Player holen Werbung

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Alle zwei Jahre liefert das «Pew Research Center Project for Excellence in Journalism» eine tiefschürfende Analyse der US-amerikanischen Medienrealität. Die Eckpunkte: Für einen gewonnen Online-Werbedollar gingen letztes Jahr 16 Print-Dollar verloren. Zwei Drittel des Online-Werbekuchens teilen sich Google, Yahoo, Facebook, Microsoft und AOL. Lichtblicke bringen Tablets: Sie verführen zu mehr Newskonsum. Und die New York Times nahm erstmals mehr aus Abo und Paywall ein, als über Werbung.

Als Kommunikationsberater will ich wissen, wie sich Medien verändern. Aus der am 18. März publizierten Studie «The State of the News Media 2013» ziehe ich drei Schlüsse über das Verhalten von Lesern, Werbern und Medien. Die weiteren Details liefert die vorbildliche Website zur Untersuchung.

Wo die Leser hingehen: News digital

Die starke Verbreitung von Tablets und Smartphones führt Leserinnen und Leser hin zu einem verstärkten Newskonsum. Seit 2006 steigt der Online-Konsum von Nachrichten – als einziger «Hoffnungsträger» im Vergleich zum Sinkflug von Fernsehen, Radio und Zeitungen.

Entwicklung des Newskonsums seit 1991: TV, Radio, Zeitungen im Sinkflug, Online steigt an

Mit Tablets werden mehr News gelesen, neue Quellen entdeckt, News ergänzt

Als eigentiche Nachrichten-Verführer entpuppen sich Tablets: Knapp ein Drittel der US-Amerikaner konsumieren mehr News, seit sie die Schlagzeilen mit ihrem Zeigefinger antippen können. Ebenso viele haben seit dem Kauf dieses Geräts neue Newsquellen angezapft, 43 Prozent tragen via Tablet selbst zu News bei.Umschlag klappt.

Wo die Werber hingehen: Zu Google, Facebook, Microsoft

Nun sind aber noch keine Hurra-Rufe aus Zeitungen über den Atlantik zu hören, höchstens leise Seufzer der Hoffnung. Der erste Dämpfer: Gleichzeitig zu jedem Online-Werbedollar, den man neu eingenommen hat, gingen 16 Print-Werbedollar flöten. Der zweite Schreck: Die Leser holen sich die Smarties von den neuen Online-Kiosken. Die New York Times steht als erster klassischer Print-Titel erst auf Platz 12 der Leserbesuche – bei Hitwise. Davor tummeln sich mit CNN und Fox noch zwei klassische TV-Stationen, der Rest heisst Google, Microsoft, Yahoo oder Huffingtonpost.

Liste der 22 Top Newsquellen Online in den USA, 2012

Google, Yahoo, Facebook, Microsoft und AOL holen zwei Drittel der US-Online-Werbung

Diese neuen Mitspieler sonnen sich natürlich auch in der Gunst der Werber: Die Online-Giganten Google, Yahoo, Facebook, Microsoft und AOL dominieren den Markt für Banner und mobile Anzeigen. Google schluckt mit 15.4 Mia USD das schönste Stück des Kuchens.

Wo die Medien hingehen: Ein Drittel mit Paywall

Zeitungsverleger dürfen jetzt die Augen schliessen: Die schmerzhafteste Grafik illustriert den steten Rückgang der Werbe-Einnahmen und die stagnierenden Einnahmen aus dem Verkauf von Papier oder Online-Zugang.

Entwicklung der Werbe- und Abo-Einnahmen amerikanischer Zeitungen

Leider sind für 2012 keine Verkaufseinnahmen verfügbar. Aber es war das Jahr des Durchbruchs für die Zahlschranke: Ein Drittel der US-Tageszeitungen lässt die Leser mittlerweile für Online-Inhalte bezahlen. Dabei setzen die meisten auf die drei Elemente Paywall, freien Zugang zu einer limitierten Anzahl von Artikeln, Gratiszugang für Print-Abonnenten. Dieser soll Printkunden bei der Stange halten. Seltsam, aber fürs Anlocken der teuren Druckinserate gedacht: Bei der Los Angeles Times ist das rein digitale Abo sogar teurer als das Sonntags-Print-Abo mit Digital-Zugang.

Zum Schluss ein Lichtblick, geliefert von Leuchtturm New York Times: Dieses Weltblatt schaffte es 2012 zum erstenmal, mehr über Abos einzunehmen als über Werbung.

Spannende Zeiten. Für interesserte Kommunikationsprofis, Papier-Aficionados und wenig schreckhafte Zeitungsverleger lohnt sich ein vertiefter Einblick. Zum Beispiel:
Zeitungen: Paywall, Entwicklung Werbeeinnahmen, Newsroom-Arbeitsplätze
Freunde und Familie: Wie kommen Leser zu News?
Digital: Mehr zu Facebook-Interaktion, Einsatz von Zweitbildschirmen

Frühere Pew-Medienstudien im bernetblog:
US-Medienanalyse 2010: Online-Herausforderung wächst
Die Zukunft des Journalismus: Weniger Geld, mehr Meinung
US-Studie Newsmedien: 08 war brutal, 09 wird schlimmer
Studie: Social Media ist Alltag im Journalismus – in Kanada

Alle Medien-Studien im bernetblog.

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