Gute Titel setzen: Ist das ein guter Titel?

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Der Verein Deutsche Sprache kürte die besten Headlines des Jahres. Gewonnen hat «Yes, we scan», wie W&V berichtet. Die Begründung der Jury: der Kurztitel fasst die Enttäuschung vieler Europäer über die Überwachungsmanie der Obama-Regierung besser zusammen als jeder Leitartikel. Reicht das? Was funktioniert? Kurz? Effekt haschend? Sieben Tipps für gute Titel.

Kürzlich habe ich Tipps für gute E-Mail-Betreffs recherchiert für einen Blogbeitrag. Entscheidend waren Schlüsselwörter: Dies hilft auch für Titel bei Lauftexten. Ein Blick auf die besten Headlines und die Erfahrung aus dem Alltag zeigen, was einen guten Titel zudem ausmacht.

Was macht einen Titel gut?
  • Vorschau: Ein Titel fasst zusammen. Er informiert, was erwartet werden kann. Den Titel laut aussprechen hilft, den Kern zu finden. Wie würde man den Artikel weitererzählen? Was ist der Nutzen?
  • Form: Aus der Liste der besten Headlines habe ich drei herausgesucht – eine Aussage, eine Frage und ein Titel mit Substantiven. Die Auswahl ist inspirierend.
    o Aussage: Junge Mütter werden heute immer älter (Platz 17, «Hildesheimer Allgemeine Zeitung», gefunden in: Hohlspiegel)
    o Frage: «Wetten, dass..?» es nicht mehr peinlicher geht? (Platz 21, «Bild» über Lanz)
    o SubstantivausdrückeDie Sehnsucht nach deutsche Vita (Platz 28, «FAZ» über italienische Akademiker in Deutschland)
  • Adressiert: Passt der Titel zur Zielgruppe? Und darüber hinaus? Benennen Sie, für wen der Inhalt bestimmt ist. Beispiel: «Social Media für KMU: Mehr Reichweite – mit Content-Strategie» So kann man sich schneller mit dem Inhalt identifizieren.
  • Schlüsselwörter. Sind die wichtigsten Stichworte aus dem Inhalt drin? Für die eigene Suche und die der Suchmaschine? So ist der Text auffindbar. Schlüsselwörter helfen auch abzuschätzen, ob der Inhalt für mich relevant ist. Der Nutzen des Text soll bereits im Titel sichtbar sein. Hinweise auf Zahlen, Tipps, eine Checkliste oder das Kernthema steuert die Erwartung des Lesers.
  • Alleinstehend: Der Titel soll ohne Kontext Sinn machen. Dazu gehört Verständlichkeit; direkt, klar und einfach formulieren.
  • Effekt: Provokationen und Übertreibungen wirken. Titel sollen aber nichts anderes versprechen als im Text zu lesen ist. In der Liste der besten Headlines hat es auffällig viele Wortspiele. Alltägliche Redensarten werden integriert, bekannte Sätze angepasst und bieten so Lese-Anreiz. Auch aus der Literatur gibt es Hilfestellung: Metaphern erzeugen Bilder beim Leser und machen neugierig auf mehr. Alliterationen geben Tempo und Struktur, zum Beispiel: Treffender texten mit Titel-Tipps. Unerwartetes sorgt ebenfalls für Interesse – die Wortwahl «Der 25-Stunden-Tag» oder gleich mit der Alliteration «Nichtige Notwendigkeit» ist ungewohnt und weckt Interesse.
  • Textlänge: Der erste Wurf darf alles enthalten, was vermeintlich wichtig ist. Zum Kürzen streichen Sie Wörter ohne Informationsgehalt, Füllwörter, und Verdoppelungen. Je weniger Worte der Titel hat, desto mehr Aufmerksamkeit erhalten die wenigen Worte. Vorsicht bei Abkürzungen: Sie schrecken ab und machen den Leserkreis enger. Wenn ich den Titel nicht verstehe, wie ist dann erst der Lauftext?

Vorgehen beim Titeln
Nach acht Jahren Bernetblog und über 1700 Beiträgen ist der meistgelesene Beitrag «Facebook-Tipps: Was bringt viele ,Gefällt mir’?». Er enthält Schlüsselwörter für die Suche und beschreibt mit wenigen Worten den Nutzen des Folgetextes. Für einen guten Titel notiert man sich vor dem Texten den Ersteinfall. Ist der Kopf leer, notiert man in einem Zug einige Vorschläge welche einem nicht allzu abwegig vorkommen. Nach dem Erstellen des Lauftextes kehrt man zum Titel zurück und prüft, ob der Titel so trifft und die bestmögliche Vorschau bietet für den Leser.

Weniger ist mehr: Die Auswahl machts
Wichtig: Kein Titel muss alle obigen Kriterien erfüllen – doch berücksichtigt man zwei bis drei, titelt es sich einfacher und lädt die Leser mit dem Titel zum Lesen ein.

Weiterführende Links
– Bernetblog-Beitrag «E-Mail Betreff: Treffender texten mit drei Tipps»
– Bernetblog-Beitrag «Besser Schreiben: Vier Schritte zum Ziel»
– Die besten Headlines des Jahres (Deutschland) bei W&V vom Verein Deutscher Sprache

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Beiträge

  • «Die Sehnsucht nach deutsche Vita» ist ein guter Titel? Sind die wichtigsten Stichworte aus dem Inhalt drin? Macht der Titel ohne Kontext Sinn? Ist der Nutzen des Textes bereits im Titel sichtbar?

    Nach meiner Erfahrung machen solche Wortspiele vor allem den Autoren Spass – viele Leser scheitern daran und blättern/klicken weiter. Von den Suchmaschinen reden wir gar nicht erst.

    Damit kein Missverständnis entsteht: Die sieben Tipps für gute Titel sind gut, nur das gewählte Beispiel ist suboptimal gewählt.

    Ach ja: Beim Text zum FAZ-Titel geht es um italienische Akademiker in Deutschland.

    • Spannend. Besten Dank für die Anregung, denn: über diesen einen Titel haben wir intern diskutiert. Auch weil er stolpern lässt beim Lesen. Als Beispiel für einen Titel mit Substantiven funktioniert er aus meiner Sicht.

      Auf die anderen Tipps bezogen schneidet er aber schlecht ab. Ehrlich gesagt scheint er mir ziemlich schwach, viel zu weit hergeholt mit dolce vita, selbst wenn man die Vita im Sinne des Lebenslaufes interpretiert. Daher stimme ich zu, dass der Platz 28 mir als Leser nicht viel Nutzen bringt. Wobei ich auch bei anderen der Liste etwas kritisch bin. Der Inhalt und dessen Vermittlung hat klar den höchsten Stellenwert und soll nicht zu Gunsten von Spielereien leiden.
      Schön, wird so genau gelesen.