Journalisten im Web: Rafael Rohner, Redaktor Der Landbote

Rafael Rohner ist Journalist beim Landboten in Winterthur. Für ihn sind Social Media ein weiteres Instrument für die Recherche. Mit Meinungsäusserungen hält er sich aus Überzeugung zurück.
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Die Serie «Journalisten im Web» portraitiert Redaktorinnen und Redaktoren und ihren Alltag im Social Web im Rahmen einer qualitativen Studie von Bernet Relations und der ZHAW. Die Zusammenfassung und Auswertung der Studie erfolgte (bereits zum dritten Mal nach 2015 und 2017) im Herbst 2019. Der Hashtag zur Studie: #jstudie19. 

Am Anfang einer Geschichte
«Ich benutze Social Media in erster Linie um herauszufinden, welche Themen die Leute beschäftigen», sagt Rafael Rohner. Mit Facebook und Twitter fühlt der Redaktor des Landboten den Puls der Regionen, für die er zuständig ist. Auf Instagram sucht er gezielt nach Hashtags, um auf Geschichten zu stossen. Hilfreich sei Social Media auch, um aus der Distanz Informationen über eine Person zu erhalten. «Vor allem bei Politikern sieht man, wie sie sich verhalten und kann sie unter Umständen im direkten Gespräch mit Posts konfrontieren», erklärt der Redaktor. Es komme kaum vor, dass aus einem einzigen Post direkt ein Artikel entstehe. Vielmehr dienen die Themen als Inspiration für eine Berichterstattung. Die wertvollste Inspirationsquelle sind Social Media für Rafael Rohner aber bei weitem nicht: «Das Wichtigste bleibt für mich, raus zu gehen und mit Leuten zu sprechen. Auf die besten Geschichten stosse ich, wenn ich vor Ort mit jemandem spreche und die Person mir weitere Hinweise gibt.»

Verlässlichkeit nicht wichtig
Zwischen der Idee und dem fertigen Artikel nehmen Facebook, Twitter und Co. bei Rafael Rohners Arbeit keine tragende Rolle ein. «Social Media nehmen einem klassische journalistische Arbeit mit Gesprächen nicht ab», sagt der Redaktor. Die Verlässlichkeit der Social-Media-Quellen spiele in seiner Arbeit deshalb eine untergeordnete Rolle: «Ich übernehme von dort keine Fakten, sondern Meinungen.» Er stellt fest, dass auf Ebene Gemeinderat nicht sehr viele Politiker auf Social Media aktiv sind. Kantonsräte posten eher etwas zu einem Thema, um Aufmerksamkeit zu generieren und Themen zu lancieren: «Das bietet uns hin und wieder interessante Elemente, die wir online einbetten.»

Zurückhaltend mit Meinungsäusserung
Rafael Rohner postet selber kaum im beruflichen Kontext. Er habe kein Bedürfnis sich selbst zu äussern. Nicht weil ihn sein Arbeitgeber daran hindere – mit privaten Meinungsäusserungen gehe man beim Landboten locker um. Er habe Mitarbeitende, die sich öffentlich an Diskussionen beteiligen. Ob der Landbote dazu entsprechende Richtlinien habe, kann Rafael Rohner nicht mit Sicherheit beantworten. Das spiele für ihn aber auch keine Rolle: «Ich halte mich aus persönlicher Überzeugung zurück – insbesondere mit politischen Meinungsäusserungen. Ich finde, dass es Journalisten angreifbar macht, wenn sie auf Social Media spezifisch zu Parteien oder Politikern Stellung nehmen.» Er sei sich aber sehr wohl bewusst, dass er mit dem pointierten Verkünden seiner eigenen Meinung Aufmerksamkeit für seine Artikel erzeugen könnte.

Ob ein Artikel Resonanz erzeugt, weiss er meistens schon im Vorfeld: «Online geben Kuriositäten, Tiergeschichten, Unfälle, Naturthemen und auch spezielle Wettersituationen viele Klicks. Sachbezogene politische Geschichten laufen tendenziell weniger, sind aber aus unserer Sicht sehr wichtig und müssen einen Platz haben. Es ist unser Alleinstellungsmerkmal, dass wir als kritische Instanz über lokale Politik berichten und darüber diskutieren. Wir sind oft die Einzigen, die für solche Themen eine Öffentlichkeit schaffen.»

Interesse an Resonanz
Rafael Rohner interessiert es, wie die Leserinnen und Leser des Landboten auf seine Geschichten reagieren: «Ich schaue schon, wie meine Artikel kommentiert werden. Auch Klickzahlen finde ich spannend.» Regionaljournalismus bringe deutlich weniger Resonanz, als grosse News. «Zu regionalen Themen gibt es online meistens nur vereinzelte Kommentare. Der weitaus grössere Teil der Rückmeldungen sind nach wie vor Leserbriefe.»

Steckbrief
Rafael Rohner, 34
Journalist seit 2005
Auf Facebook seit 2007
Auf Twitter seit 2012
Auf Instagram seit 2013

Foto: Madeleine Schoder, Landbote

Weiterführend

Alle Artikel über unsere Studie «Journalisten im Web»

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