Vorab: Ein allgemein gültiges Erfolgsrezept für Communitys, anwendbar wie ein Kochrezept, gibt es nicht. Einige Faktoren beeinflussen jedoch die Communitys positiv – diesen ging ich in meiner Masterarbeit auf den Grund. Basierend auf meiner über 10-jährigen Erfahrung als Koordinatorin der Schweizer E-Learning Community eduhub und gestützt auf umfangreiche, wissenschaftliche Literatur. Ergänzend dazu führte ich Experteninterviews mit anderen erfahrenen Community-Koordinatoren. Spannend dabei: Die Erfolgsfaktoren lassen sich auf alle Arten von Communitys herunterbrechen – ganz gleich ob diese online, offline oder hybrid gelebt werden. Die Gründe, warum eine Community zum Fliegen kommt oder auf der Landebahn bleibt, sind dieselben.
Was ist eine Community – und was nicht?
Nicht alles ist eine Community, was als solche bezeichnet wird. Ein Kundennetzwerk zum Akquise-Zweck ist beispielsweise noch keine Community. Ebenso wenig reicht es dazu, wenn eine Kundengruppe ein Produkt der gleichen Marke nutzt. Der Schweizer Soziologe Etienne Wenger hat zum Community-Thema ein interessantes Buch geschrieben: «Cultivating Communities of Practice – A Guide to Managing Knowledge.» Wenger führt darin wesentliche Community-Merkmale auf:
Die Basis jeder Community: das Wir-Gefühl
Eine Community zeichnet sich dadurch aus, dass die Mitglieder ein Anliegen teilen. Sie möchten dadurch gemeinsam etwas erreichen. Dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit bildet die Basis. Man sitzt im gleichen Boot und kann es nur gemeinsam steuern. Dieses geteilte Anliegen bestimmt die Stossrichtung der Community. Es motiviert die Mitglieder intrinsisch, sich über ihr Anliegen auszutauschen, um damit gemeinsam Ziele zu erreichen. Das setzt voraus, dass sich die Mitglieder einer Community kennen und sich als Teil davon verstehen. Die hohe Identifikation mit der Community bringt ein Engagement mit Herzblut.
Entscheidend für den Erfolg: der Nutzen
Diese intrinsische Motivation der Mitglieder ist der wichtigste Erfolgfaktor für Communitys. Sie müssen von sich aus wollen. Wie gelingt das? Die Community muss ihren Mitgliedern einen möglichst konkreten Nutzen bringen. Für ihn bringen sich die Mitglieder gerne ein. Ohne direkten Nutzen bleibt die Community auf der Strecke. Wer investiert ohne spürbaren Nutzen wertvolle Zeit? Darum braucht es noch vor dem Aufbau einer neuen Community Gedanken und Entscheide zum Nutzen. Empfehlenswert hierzu ist Simon Sineks TED-Talk zu «The Golden Circle».
Eine Community lässt sich nicht «managen»
Da der Nutzen einer Community für ihre Mitglieder entscheidend ist, liegt es auch nahe, dass die Ziele nur von den Mitgliedern selbst festgelegt werden können. Eine wirklich erfolgreiche Community kann deshalb nicht von oben oder von aussen «gemanaged» werden. Die Ziele müssen sich aus ihr selbst heraus entwickeln. Ihre Themen müssen aus ihr selbst hervorgehen. Eine Community kann nicht erzwungen werden – aber ermöglicht. Wie die Wellen am Strand – sie lassen sich nicht steuern, aber man kann sie reiten.
Und wie profitiert das Unternehmen von der Community?
Eine Community aufzubauen braucht einiges an Ressourcen: Koordinieren, Events veranstalten, Koordinatoren einstellen. Welchen Nutzen bringt die Community dem finanzierenden Unternehmen? Einen ganz wesentlichen: Die engagierten Mitglieder entwickeln durch den Themen-Austausch ein Expertentum. Ihr Wissensschatz ist enorm und wächst mit den Jahren. Zudem lässt sich die Community als innovativer Ideen-Pool anzapfen für die Produkte- oder Unternehmensentwicklung. Organisationen mit eigener Community bekommen sozusagen einen Sitz in der ersten Reihe für innovative Ideen. Nicht zuletzt bildet sie auch ein beträchtliches soziales Kapital. Dieses kann gerade in Krisenzeiten über Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens entscheiden.
Communitys bergen also viel Potential für Unternehmen. Vertiefte Gedanken rund um die Erfolgsfaktoren lohnen sich jedoch bereits vor dem Aufbau – in der Planungsphase.
Download der ZHAW-Masterarbeit:
«Was bringt Communitys zum Fliegen? Erfolgsfaktoren von Communitys»
Nathalie Roth ist Koordinatorin der Schweizer E-Learning Community eduhub bei dem Schweizer Foschungs- und Lehrnetzwerk SWITCH. Sie ist studierte Übersetzerin und Dolmetscherin und hat im Juni 2020 ihr Studium als Master of Advanced Studies in Communication Management and Leadership an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) abgeschlossen. Bernet Relations begleitet den ZHAW-CAS «Community Communications» mit einem Dozenten-Engagement. Dazu haben wir unsere «Checkliste Community Communications» und hier verschiedene Blogbeiträge verfasst.
Foto: Adi Goldstein bei Unsplash
Weiterführend:
Bernet-Checkliste Community Management
bernetblog-Beiträge zu «Community Communications»