Reale Kommunikation und ihre Rolle in einer digitalen Welt

Wie verändert sich die zwischenmenschliche Kommunikation durch die häufige Online-Nutzung? Was ist zu beachten – privat und im Büro? Wann ist die digitale Kommunikation eine Chance – wann ein Risiko? Und was für eine Rolle spielt die reale Kommunikation?
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Der Mensch bezieht sich gerne auf ein soziales und politisches Miteinander und braucht den sozialen Kontakt. Die technische Entwicklung und der vermehrt digitale Austausch fordert viele Menschen enorm. Seit der Erfindung des iPhones im Jahr 2007 hat sich die Art und Weise wie der Mensch kommuniziert (senden und empfangen) nochmals stark verändert. Zweidrittel der Menschheit besitzen heute ein Handy und sind durchschnittlich 8 Stunden pro Tag online (Schweizer*innen ø 5.5 Stunden).

Reale Kommunikation – eine Stärke des Menschen

Der Mensch ist seit ungefähr 150’000 Jahren auf der Welt. In den Aufbau und die Pflege von Vertrauen und Kooperation investiert er viel Energie – beides ist ihm wichtig. Er misst sich gerne mit anderen Menschen, will wissen, wem er vertrauen kann und von wem er Zuneigung erhält. Diese Fähigkeiten waren wesentliche Treiber der «kognitiven Revolution» und damit unserer Evolution (s. *Literaturtipp unten). In der Kommunikation, Face to Face, ist der Mensch stark. Er analysiert 10 Prozent der Informationen bewusst – und 90 Prozent unbewusst: Mimik, Gestik, Stimmlage und mehr.

reale Kommunikation

 

Heute sitzen viele Menschen fast pausenlos vor dem Bildschirm und in virtuellen Sitzungen. Vielen fehlt der reale Austausch. Privat trifft man nur wenige Menschen und geschäftlich tauscht man sich mehrheitlich über digitale Kanäle aus. Zwischenmenschliche Informationen aus der «realen Kommunikation» sind in Online-Meetings kaum fassbar. Das ist anstrengend, ermüdend, ist oft unbefriedigend – und führt zu Missverständnissen und Distanz. Bei emotionaleren, schwierigeren Gesprächen ist dies fatal.

Was können wir tun – heute (Pandemie) und in Zukunft?

  • Rahmenbedingungen diskutieren: Chancen und Grenzen des digitalen Austausches thematisieren, das Zusammenspiel und Verhältnis 10-90 kennen und aktiv ansprechen.

In schwierigen Gesprächssituationen und wenn es für die Beteiligten okay ist, ein reales Treffen ermöglichen und das passende Setting ganz bewusst wählen:

  • Walking Meetings: zu zweit oder zu dritt sind Besprechungen auch spazierend möglich. Bei Gruppen bis 15 Personen, in Kleingruppen aufteilen, sich austauschen, Gruppen wechseln.
  • Sitzend draussen: Erfordert der Gesprächsinhalt mehr Ruhe und Augenkontakt, sich draussen auf einer Terrasse treffen.
  • Sitzend drinnen: vielleicht erfordert eine Situation ein Meeting im Büro. Ein physisches Treffen in einem genügend grossen Raum mit Maske ist je nach Gesprächsinhalt besser als der Austausch über digitale Kanäle.

Was man für sich selber tun kann: Analoge Pausen zwischen den Online-Meetings entspannen unsere Sinne und unseren Kopf und geben Energie. Möglichkeiten:

  • Fokussieren: nur wenige Kanäle nutzen, privat die Zeit auf dem Handy oder Tablet reduzieren.
  • Entschleunigen: nicht alles sofort und unmittelbar wissen wollen, sich Zeitinseln schaffen und Pausen gönnen.
  • Mentale Übungen: das Gehirn pausieren und sich ordnen zu lassen – genügend Schlaf, meditieren, spazieren in der Natur und in die Weite schauen.

Der Mensch als Sozialwesen in einer digitalen Welt

Das bewusste und unbewusste Analysieren der Informationen von Mitmenschen ist eine Stärke, die der Mensch in der digitalen Kommunikation nicht ausschöpfen kann. Das Gespräch auf einer Metaebene über diese Chancen und Risiken und die gemeinsame Suche nach kreativen Lösungen sind heute umso wichtiger. Sie werden nach der Pandemie ein Thema bleiben. Oder kann das Sozialwesen Mensch seine kommunikativen Stärken auf die digitale Welt adaptieren?

Foto: Christin Hume, Unsplash

Weiterführende Informationen:
Bernetblog-Beitrag: Digitale Transformation: ein Balance-Akt für den Menschen
Bernetblog-Beitrag: Walking Meetings: Gespräche im Gehen führen – an der frischen Luft
Bernetblog-Beitrag: Neu verdrahtet: Wie Technologie unser Gehirn beeinflusst (2014)
*Literaturtipp: Comic-Version von «Kleine Geschichte der Menschheit» von Yuval Harari

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