Verändertes Nutzerverhalten und schrumpfender Werbekuchen: Die digitale Transformation stellt Medienunternehmen nach wie vor vor Herausforderungen. Zwei Personen, die es wissen müssen sind Nathalie Wappler, Direktorin SRF, und Thomas Kundert, CEO Somedia. Sie sprachen kürzlich an Anlässen darüber, wie ihre Unternehmen mit dem Wandel umgehen.
SRG: Bevölkerung gezielt erreichen
Durch die Vielfalt an Kanälen und die veränderte Mediennutzung sind Nutzerinnen und Nutzer schwieriger zu erreichen. Gerade als Medium mit öffentlich-rechtlichem Auftrag ist für die Legitimation das Erreichen der Zielgruppe zentral. Trotz Ausbau des Online-Angebots bleibt dies eine Herausforderung: Die online SRF-Angebote werden zwar genutzt – allerdings erreicht dort das Schweizer Radio und Fernsehen mehrheitlich die gleichen Nutzenden (und die gleichen nicht). Zudem erschweren Aggregatoren (Social-Media-Algorithmen oder internationale Anbieter wie Netflix) die Sichtbarkeit und die Auffindbarkeit der SRF-Inhalte. Deshalb setzt das Unternehmen auf:
- Ganzheitliche Distribution: Die veränderte Mediennutzung kann nicht rückgängig werden. Die SRG muss sich anpassen und die Kundinnen und Kunden auf den individuellen Kanälen erreichen. Hier setzt zum Beispiel das YouTube-Format «Bleisch & Bossart» der «Sternstunde Philosophie»-Moderatorinnen und -Moderatoren an.
- Neue Angebote schaffen: Um weiterhin ein erfolgreiches Angebot zu bieten, wurde ein neues Betriebsmodell implementiert. Dabei fokussiert die SRG auf den Kernauftrag und bezieht die Zielgruppen verstärkt in die Entwicklung neuer Formate mit ein. So entstanden ist auch der Instagramkanal «Me Myself and I».
Somedia setzt auf durchgreifende Digitalisierung
Auch auf lokaler Ebene gibt es kein Patentrezept, wie man dem Medienwandel begegnet. Insbesondere für den Lokaljournalismus ist es wegen des kleinen Werbemarkts schwierig, mit Werbeeinnahmen Geld zu verdienen. Daher liegt der Fokus bei der Somedia auf der Digitalisierung. Für die Sicherung des Wachstums braucht es aber einen Strategie-Mix:
- Grad der Digitalisierung erhöhen: Die Somedia investiert vor allem in die Digitalisierung des Kerngeschäfts, die Regionalmedien. Das Somedia-Kundenerlebnis – vom Aboservice über die Website – soll einfach, attraktiv und agil sein. Dafür werden verschiedene Tools eingesetzt, wie zum Beispiel eine neue Produktionssoftware.
- Geschäftsbereich erweitern: Neben dem Kerngeschäft setzt die Somedia auf neue Bereiche wie das Agenturgeschäft. Verschiedene Dienstleistungen können aus einer Hand angeboten werden. Zudem setzt die Somedia AG gemeinsam mit dem Verband Schweizer Medien auf die Sensibilisierung: Die Medienkompetenz soll in den Schulen gefördert werden.
Probieren geht über Studieren
Auch nach über 20 Jahren beschäftigt die digitale Transformation die Medienhäuser. Der Medienwandel, das Mitmischen internationaler Player und die tiefe Zahlungsbereitschaft zwingt die Medienhäuser, mit der Zeit zu gehen und sich neu zu erfinden. Aus klassischen Verlagsunternehmen werden digitale Medien- und Technologieunternehmen, die auch mal was wagen müssen. Dazu passt die Einstellung von Thomas Kundert: «Probieren geht manchmal über Studieren».
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Bild von The New York Public Library bei Unsplash