Ganz ehrlich: Wenn ich TikTok höre, fühle ich mich alt. Auch unter 30 ist es nicht selbstverständlich, sich auf allen sozialen Plattformen zurechtzufinden. Der ZPRG-Event «TikTok: nachfragen, einordnen, verstehen» kam also zur richtigen Zeit.
Dieser Blogbeitrag bietet fünf spannende Eindrücke aus der Podiumsdiskussion moderiert von Sandro Brotz mit den TikTok-Expert*innen Anja Lapčević (Co-CEO und Chief Influence Officer Kingfluencers) und Ramin Yousofzai (Comedian und Moderator «Zwei am Morge»).
1. Der andere Algorithmus
Der klassische Algorithmus von Instagram und Facebook ist weit bekannt: Wir erhalten Beiträge zugespielt, die uns sowieso interessieren. Neues müssen wir aktiv suchen. Um erfolgreich zu sein und damit Posts gut performen, braucht es viele Follower.
TikTok nutzt einen anderen Algorithmus als Instagram und Facebook. Der Content wird nach Veröffentlichung einer kleinen Testgruppe zugespielt. Wenn er dort gut performt, wird er einer grösseren Gruppe zugespielt. Ist der Content auch dort beliebt, wird er einer noch grösseren Gruppe ausgespielt. Das bringt unbekannten TikToker*innen die Chance auf erfolgreiche Posts und hält die Spannung bei den bekannten Creators aufrecht.
2. Die nicht perfekte Zielgruppe
Die Zielgruppe von TikTok ist klar: Es ist ein spannendes Tool, um die GenZ und Millennials kreativ zu erreichen. Laut Ramin Yousofzai sind es nicht nur junge Menschen – sondern im Humor und Verständnis jung Gebliebene.
Bestehender Content von Instagram und YouTube kann darum nur teilweise wiederverwendet werden. TikTok ist frisch und nicht perfekt, und wird mit einer Generation erwachsen werden. Das ist auch bei Instagram passiert; die Plattform wurde mit einer Generation reif und hat sich stetig weiterentwickelt. Das erwarten die beiden Expert*innen auch für TikTok.
3. Eine Wundertüte und «in your face»
Laut Anja Lapčević ist TikTok bei der jüngeren Generation so beliebt, weil es eine grosse Wundertüte ist. «Es zieht einem augenblicklich in den Bann und ist ‚in your face‘.» Durch den speziellen Algorithmus werden häufig neue und unbekannte Gesichter entdeckt – das ist erfrischend. Facebook und Instagram sind absehbarer; man weiss, was und wer sich dort zeigt.
Während Instagram von Formaten wie Stories und Reels lebt, dominieren auf TikTok Trends im gleichen Format. Die aktuellen Trends kommen vielfach aus den USA. In der Schweiz dauert es einige Wochen, bis diese ankommen. Wichtig für Agenturen und Organisationen: Unbedingt warten, bis die Trends in der Schweiz angekommen sind. Sonst ist man zu früh und vergibt die grosse Chance.
4. Kreativ + strategisch = mutig
Die Balance zwischen Kreativität und Strategie macht den Mix für erfolgreiche TikToks aus. Die Kreativität und Schnelllebigkeit ist wichtig, um die Nutzer*innen laufend zu begeistern. Eine Strategie darf dabei aber nicht fehlen, damit die Ziele messbar bleiben.
Am wichtigsten ist aber der Mut: Sich auf TikTok zu wagen, auszuprobieren, einen Post wieder zu löschen und es neu zu versuchen. Jetzt haben Organisationen die Gelegenheit, ohne Perfektionismus auf der Plattform zu agieren und durch trial and error ihren Weg zu finden.
5. Make tiktoks not ads
Ein zentraler Leitsatz für Organisationen: Werbung kommt auf TikTok sehr schlecht an. Die Zielgruppe mag keine versteckten Messages und die ersten drei bis fünf Sekunden müssen aussagekräftig und fesselnd sein. Vor dem Intro braucht es darum bereits eine Aussage – idealerweise vom TikTok-Gesicht der Organisation, das einen Wiedererkennungswert bringt.
Für garantierte Sichtbarkeit kann der Content mit Werbebudget geboostet werden. Ansonsten gilt: Auf Trends aufspringen, mit TikToker*innen zusammenarbeiten, Schweizerdeutsch einbinden und Mut haben.
Passt TikTok zur Organisation oder dem Unternehmen, ist jetzt der Zeitpunkt um einzusteigen. Denn diese Plattform wird – wie jene vor ihr – mit ihrer Generation erwachsen und verliert mit der Zeit an Attraktivität.
Seit Juni 2021 ist das Sekretariat der Zürcher PR Gesellschaft in unserer Agentur angesiedelt und der Verband von Dominik Allemann als Präsident geführt.
Titelfoto: Alexander Shatov auf Unsplash
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