Erfolgreiches Lobbying in der Schweiz: So geht’s!

Wenig bis gar nichts hört man von den Lobbyisten*innen hierzulande. Und doch sind sie wirkungsvolle Mittler im politischen Entscheidungsprozess. Wie machen sie das?
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Das Lobbying in der Schweiz ist eine «Dunkelkammer». Dies liegt daran, dass Public-Affairs-Spezialist*innen sehr diskret vorgehen, um den Entscheidungsprozess zu beeinflussen. Einzig bei unglücklichen Beeinflussungsversuchen kommt das Tagesgeschäft der Lobbyist*innen ans Licht. Solche Fälle passieren zwar in regelmässigen Abständen, hatten aber bisher kaum Konsequenzen in der Regulierung der Public-Affairs-Landschaft. Das lässt im Umkehrschluss darauf schliessen, dass die Schweizer Lobbyist*innen vieles richtig machen. Doch wie funktioniert denn erfolgreiches Lobbying in der Schweiz? Rahel Willener hat dazu mehrere Experten*innen aus Agenturen, Unternehmen, dem Parlament und der Bundesverwaltung befragt. Das sind die Ergebnisse ihrer Untersuchung:

  • Gut informiert sein: Die Währung eines/einer Lobbyisten*in ist die Information. Ein(e) Politiker*in möchte ausgewogen informiert werden. Deshalb: Die Vorbereitung ist das «A und O». Ein gutes Netzwerk und ein Monitoring über die Thematik sind wichtige Bausteine.
  • Glaubwürdigkeit:  Man kann noch so viele Informationen haben. Ist der/die Lobbyist*in nicht glaubwürdig, bringt das nichts. Denn Glaubwürdigkeit, die eng mit Ehrlichkeit, Transparenz und Reputation einher geht, schafft Vertrauen. Und das ist die Fahrkarte in den inneren Kreis des Parlamentariers. Aber Achtung: Bringt ein(e) Lobbyist*in nur einmal Falschinformationen in Umlauf ist der Ruf ruiniert.
  • Direkter Kontakt mit Politikern: Nichts ist so wichtig wie das persönliche Gespräch. Besonders neue Lobbyist*innen erarbeiten sich so ein Netzwerk. Da der Austausch während der Session im Bundeshaus stattfindet, ist ein Bundeshaus-Badge vorteilhaft.
  • Interessenskoalitionen: Jetzt wird es interessant! Ein(e) Lobbyist*in ist dank ihrer/seiner Kontakte und ihrem/seinem Netzwerk in der Lage, Koalitionen bzw. Allianzen für ein bestimmtes Anliegen zu bilden. Dies kann im Sinne des/der Politiker*in sein, den der/die Lobbyist*in berät. Manchmal ist es anders herum: Die beiden sind sich nicht einig. Hat der Public Affairs Officer eine breite und glaubwürdige Allianz, kann er/sie mit dem Referendum drohen.
  • Die Medien: Journalistische Kontakte zu haben hilft. Dank einer Berichterstattung wird das nötige Grundrauschen erzeugt, um das breite Publikum für ein Thema zu gewinnen. Das wirkt sich politisch sehr positiv aus. Doch Achtung: Sobald die Nachricht in den Medien landet, ist sie nur noch schwer zu kontrollieren.

Was weniger bringt als gedacht?
Interessant: Gewisse Themen, die in anderen Ländern relevant sind, spielen in der Schweiz nur eine untergeordnete Rolle: Parlamentarischen Anlässen eignen sich für die Beziehungspflege – nicht aber für direktes Lobbying. Telefonate bringen nur dann etwas, wenn bereits ein starkes Vertrauensverhältnis besteht. Und das in den USA beliebte Grassroots-Lobbying funktioniert in der Schweiz kaum, da die Bürger direkt in den politischen Entscheidungsprozess – mit dem Referendum und der Initiative – eingebunden sind.

Geld spielt nicht die Hauptrolle
Und wie steht es mit den Finanzen? Geld spielt in der Public-Affairs-Landschaft nur eine untergeordnete Rolle. Klar, jeder braucht einen Grundstock an finanziellen Mitteln, um die Lobbying-Tätigkeit zu finanzieren. Ab einem gewissen Punkt wirkt Geld jedoch unsympathisch. Und ein ausführliches Gespräch oder ein Netzwerk kann damit auch nicht gekauft werden.

Was nehmen wir mit?
Das Lobbying in der Schweiz läuft über Beziehungen. Je breiter das Netzwerk, desto grösser die Chance, das Anliegen des Klienten mehrheitsfähig zu machen. Für die Public-Affairs-Branche bedeutet das: Nur Mandate annehmen, die authentisch vertreten werden können und die Werte der Agentur/der/des Berater*in nicht verletzen. Ansonsten leidet die Glaubwürdigkeit – das höchste Gut eines(r) Interessensvertreters*in.

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Bild: Hansjörk Keller auf Unsplash 

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