In unserer Blog-Serie «Corporate Newsroom im Profil» fragen wir Kommunikationsverantwortliche, welche Strategien und Arbeitsweisen sie für die erfolgreiche Vermittlung ihrer Themen und Botschaften nutzen. Und welche Herausforderungen ihnen dabei im Newsroom begegnen. Die Serie gibt Einblick in die Praxis von Kommunikationsprofis und Corporate-Newsroom-Manager:innen.
Den Auftakt macht Urs Frei, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Kommunikation und Publishing beim Bundesamt für Statistik BFS.
Wie lange arbeitet ihr schon mit einem Corporate Newsroom?
Das Bundesamt für Statistik (BFS) hat sich 2020 mit der Schaffung einer Newsroom-Organisation befasst. Dies im Zusammenhang mit der Einwechslung des neuen Leiters für Kommunikation und Publishing und mit einem Fokus auf eine stärker integrierte Kommunikation. In iterativen Workshops unter Beizug von Markus Niederhäuser (ZHAW) haben wir uns in die Newsroom-Lehre vertieft und uns mit Zielsetzungen, Organisationsfragen und Umstrukturierungen befasst. Es wurde ein Themen- und ein Medienmanagement aufgebaut. All dies musste in einem strikt budgetneutralen Rahmen sein. Anfangs August 2022 sind wir dann live gegangen.
Worin liegt die bisher grösste Verbesserung?
Das BFS ist einer der grössten Inhaltsgeneratoren des öffentlichen Sektors. 2023 wurden 150 Medienmitteilungen in vier Sprachen, 310 News-Mails (inkl. Grafiken und Abbildungen) sowie viele Social-Media-Post produziert und veröffentlicht. Das muss im Vorfeld sauber koordiniert und abgestimmt, pünktlich veröffentlicht und im Nachgang sauber evaluiert werden. Hier leistet der Newsroom hervorragende Dienste. Wir erzielten eine Erhöhung der Geschwindigkeit (kurzfristig geplante kommunikative „Schnellboote“) und eine Verbesserung der seit langem geplanten Infopakete („Linienschiffe“). Im institutionellen Bereich konnten die neuen vom Bundesrat erteilten Aufgaben im Bereich Interoperabilität und Datenwissenschaften besser in die Gesamtkommunikation integriert werden.
Die Sichtbarkeit des BFS in der Öffentlichkeit wurde verbessert, weil wir das Monitoring ausgebaut haben und jetzt gezielter reagieren können. Wir thematisieren regelmässig die Perzeption unserer Inhalte in den «Dailys» und «Weeklys», was auch den Effekt hat, dass alle involvierten Mitarbeitenden ihren Blick auf die Wirkung ihrer Arbeit schärfen können. Das hat sich im Oktober 2023, während unserer kommunikativen Herausforderungen im Nachgang zu den Korrekturen der Parteistärken (Wahlen 2023), sehr bewährt.
Was ist schwierig?
Wir haben die zusätzlichen Newsroom-Aufgaben auf unsere Spezialisten, die bereits andere Verantwortlichkeiten haben, verteilt. Der Chef vom Dienst (CvD) leitet gleichzeitig die Medienstelle, die gegen 1500 Anfragen pro Jahr zu beantworten hat. Die Aufgabenverteilung und deren Priorisierung ist eine permanente Herausforderung. Zudem versuchen wir, die Inhaltsgenerator:innen, die zumeist ausserhalb des Kommunikationsteams in den Fachsektionen sitzen, vermehrt auf die Perzeption ihrer Arbeit in der Öffentlichkeit zu sensibilisieren. In einem wissenschaftlich geprägten Umfeld (70 % Prozent der Mitarbeitenden sind Akademiker:innen) ist dies nicht immer ganz einfach.
Welches Highlight teilst du gerne?
Eine Stärke des Newsrooms ist, im Minimum einmal am Tag die kommunikativen Macher:innen an einem Desk zu haben. Am Morgen nach der Bekanntgabe der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS haben wir im Newsroom diskutiert, welche Inhalte wir zum Thema Banking in der Schweiz haben. Die Frage war: Wie können wir bestehende Inhalte aus aktuellem Anlass noch besser in Wert setzen? Innert weniger Stunden haben wir eine «Im Brennpunkt»-Sonderseite aufgeschaltet und diese bekannt gemacht. Wirtschaftliche Bedeutung des Bankensektors, Durchschnittslöhne etc. – mit wenigen Klicks waren die Informationen auf Abruf und zur Weiterverarbeitung bereit. Von einigen grossen Medien haben wir ein grosses Merci erhalten.
Was habt ihr noch vor?
Der BFS-Newsroom der heutigen Prägung ist stark auf die Medienarbeit ausgerichtet. In einem integrierten Ansatz ist aber auch das Bespielen von strategischen Kernthemen, die im öffentlichen Diskurs zentral sind, wichtig. Hier kommt das Themenmanagement noch stärker zum Zug. In diese Richtung werden wir uns weiterentwickeln. Aktuell ist dies beispielsweise der Themenblock «Digitalisierung und Gesundheit». Zudem befassen wir uns mit der besseren Einbindung des Managements in den Newsroom.
Titelbild: BFS
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