Form follows function: Wo Visualisierung in der Kommunikation wirkt

Was eine Visualisierung erfolgreich macht – mit Blick auf unsere schrumpfende Aufmerksamkeitsspanne – haben wir im ersten Teil dieser Mini-Serie erörtert. Nun blicken wir nach dem Warum auf das «Wo». Eins gleich vorweg: So stark Visualisierungen und Infografiken sind – ein Allheilmittel sind sie nicht. Eine schwache Geschichte bleibt auch mit schöner Grafik schwach.
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«If the statistics are boring, then you’ve got the wrong numbers», sagte Visualisierungs-Pionier Edward Tufte einst. Eine Visualisierung löst keine Komplexität, die im Inhalt und in ihrer Kernaussage weder interessant ist noch überrascht. Und sie funktioniert auch nicht ohne Zielgruppe und Struktur. Wie es der Architekt Louis Sullivan schon 1896 formulierte: Form follows function. In welchen Kanälen, Formaten und Kontexten kann Visualisierung wirklich den Unterschied machen? Wer Kommunikation strategisch denkt, sollte wissen, welche Funktion im Vordergrund steht. Geht es um Reichweite, um Glaubwürdigkeit oder um Beteiligung?

Drei mögliche Bühnen für wirkungsvolle Visualisierungen

 1. Externe Reichweite & Wirkung

Wenn Inhalte möglichst viele Menschen erreichen sollen, braucht es Visuals, die schnell verstanden und leicht geteilt werden können. Ob Social Media, Markenkommunikation oder Pressearbeit – die Visualisierung kann hier über Sichtbarkeit und Reichweite entscheiden.

  • Social Media: Kurz, plakativ, reduziert. Funktioniert mit einer Zahl, einem Vergleich, Mini-Charts oder auch Karussells.
  • Marken- & Kampagnenkommunikation: Visuals verstärken Claims und machen Kampagnen emotional anschlussfähig.Geeignet für Impact-Zahlen, Nachhaltigkeits- oder CSR-Themen. Patagonia – visualisiert zum Beispiel CO₂-Emissionen und Recycling-Quoten, um die Marke konsequent als nachhaltig zu positionieren.
  • Medien- & Pressearbeit: Journalist:innen übernehmen klare Infografiken gern zur Reichweiten-Steigerung.

2. Institutionelle Glaubwürdigkeit & Orientierung

Wo komplexe Daten, Forschungsergebnisse oder politische Entscheidungen im Raum stehen, schafft Visualisierung Orientierung und Vertrauen.

  • Reports & Whitepapers: Datenlastige Inhalte brauchen visuelle Anker. Regel: eine Grafik pro Erkenntnis.
  • Wissenschafts- & Gesundheitskommunikation: Visuals machen komplexe Forschung zugänglich und einprägsam, FT’s COVID-19 Trajectory Chart – half Millionen Menschen in der Pandemie zu begreifen, warum exponentielles Wachstum so gefährlich ist.
  • Politik- & Behördenkommunikation: Infografiken schaffen Transparenz bei Budgets und Policy Papers. Eurostat bereitet beispielsweise Staatsfinanzen, Verschuldung oder Ausgaben in interaktiven Visualisierungen auf – für alle EU-Mitgliedsländer zugänglich.

3. Interne Klarheit & Beteiligung

Innerhalb von Organisationen und in Beratungskontexten hilft Visualisierung, Komplexität zu reduzieren und Menschen einzubinden. Sie schaffen ein gemeinsames Bild und fördern aktives Mitdenken.

  • Interne Kommunikation & Change-Prozesse: Roadmaps und KPI-Dashboards schaffen z.B. Orientierung. Vorteil: Alle Beteiligten haben dasselbe Bild im Kopf.
  • Coaching, Beratung & Workshops: Visualisierende Tools und Interventionen als Denk- und Dialogwerkzeuge: Timeline-Visualisierungen, Business Model Canvas-Modelle, Journey Maps, Graphic Recording – um nur einige Beispiele zu nennen.

 Wenn Bilder mehr sagen als Worte

Als systemische Business Coach nutze ich Visualisierung, wo immer möglich – gewappnet mit Farben, Post-Ist, Interventionen und Tools wie zum Beispiel dem Wheel, dem Rad der Werte oder dem Inneren Team nach Schulz von Thun. Umso wertvoller sind die Momente, in denen beim Coachee plötzlich «Mini-Breakthrough-Momente» entstehen: wenn sich der Ausdruck im Gesicht und oft auch die Körperhaltung verändert, die Spannung nachlässt und sichtbar wird, welche Klarheit das Visualisieren gebracht hat. Oder wie es eine Klientin einmal formulierte: «Nun sitze ich zufrieden vor dem Haufen aus Gold, welches ich aus Stroh gesponnen habe. Es war schon immer da – aber jetzt sehe ich es.»

Hier gehts zum Teil 1 der Mini-Serie (Wie man Daten visualisiert – und warum (es manchmal Leben rettet)

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