Wenn Chefs twittern lassen: Wahlkampf-Propaganda

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Twitter ist wohl der am schnellsten drehende Social-Media-Kanal. Und einer mit hoher Reichweite. Was kann man von Barack Obama oder Dilma Roussef lernen? Schade, dass hinter den grossen Twitterern ebenso grosse Stäbe stehen.

Swissnex San Francisco hat gerade ein Zweijahresprogramm für Social Media und Bildung abgeschlossen. Das Ende feierte man gestern mit einer Informationsveranstaltung an der Universität Basel. Mit (von links nach rechts) François Benveniste, Details, Markus Maurer, Migros, Barnaby Skinner, SonntagsZeitung, und mir auf dem Podium. Durch den Tag führte Florencia Prada.

Zu Beginn sprach Matthias Lüfkens, Burson Marsteller, über Führungspersönlichkeiten auf Twitter. Dabei ging es vor allem um Diplomaten – siehe Präsentation am Ende des Beitrags.

Star für einen Wahlkampf
Social Media sucht den Superstar: Berühmtheiten haben es am leichtesten auf dem heissen Stuhl der 140 Zeichen. Barack Obama hat am Tag der Wiederwahl gleich 800’000 Follower dazu gewonnen, mit über 23 Millionen zählt er zu den Megastars. Das ist das zwanzigfache von Mitt Romney, der seit dem Wahltag massiv an Zuspruch verliert. «DisappearingRomney.com» zeigt den Rückgang der Facebook-Fans in einer dramatisierten Abwärtsgrafik, immer noch gegen 12 Millionen. Wer lieber eine Aufwärtskurve lesen will, geht auf TwitterCounter und analysiert @BarackObama.

Letzte drei Monate Anzahl Follower @BarackObama

Wenn die Stäbe twittern, bleibt ein Nachgeschmack
Die Chefinnen und Chefs der Politik twittern gerne, vor allem wenn es an die Urne geht. «In der Regel sind es die Stäbe, welche texten,» weiss Matthias Lüfkens. Die wenigen eigenen Tweets signiert Obama mit -bo.

Ich habe da so meine Mühe, wenn der Stab in den Texten eben doch «so tut», als ob Obama sprechen würde. So wie in diesen drei Tweets: Erst dankt der Stab, dann dankt der Chef selbst und schliesslich hängt der Stab ein Bild dazu: «Four more years».

Drei Tweets von Barack Obama nach der Wahl - von Stab und ihm selbst

Michelle und Obama umarmen sich. Was spontan aussieht, lag schon lange bereit. Und wurde zu einem der am meisten weitergeleiteten Bilder im Social Web. So einfach ist Propaganda – kritisch kommentiert auch vom Spiegel.

Nach der Kampagne beginnt das Schweigen
Dilma Rousseff bricht mit ihrem letzten Tweet gleich alle Social-Media-Vorsätze für guten Inhalt und authentischen Dialog: Sie verspricht mehr Tweets für 2011, seit Dezember 2010 herrscht Stille.

Dilma Rousseffs letzter Tweet 2010

Wahrscheinlich geht es dann erst wieder richtig los, wenn die nächsten Wahlen anstehen. Die 1.8 Millionen Follower harren geduldig aus. François Hollande tut es ihr gleich: Mit seinem letzten Tweet vom Mai 2012 schickt er die Zuhörer auf den offiziellen Elysée-Kanal.

Strategisch gesehen liegen die Polit-Stars damit wohl richtig:  Sie gehen davon aus, dass sie bei der nächsten Wahl wieder Gas geben können und dass ihr Kultstatus automatisch für zahlreiche Followers sorgt. Also spart man sich die Stäbe. Aber von authentischer Dialogkultur kann so keine Rede sein: Twitter wird zum geschätzten Sendekanal, den man bei Bedarf hochfährt.

Mehr über CEO-Tweets und drei Tipps für gelungenes Business-Gezwitscher im nächsten Beitrag: Wenn Chefs selbst twittern: Tipps für Papst und CEO.

Weiterführend:
Twiplomacy – wenn World Leaders twittern
Lustig sein auf Twitter, geht das?
Twitter Redesign: Jetzt Profildesign auffrischen

Bild Anlass: © Swissnex San Francisco, Peter Schnetz. Bild Obama: Twitter 
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