Offener Journalismus: Wolfgang Blau über Ziele und Merkmale

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Am SwissMediaForum sprach Wolfgang Blau, Chef Digital von The Guardian, wie sie bei der Zeitung den offenen Journalismus leben. Welche Ziele die Redaktion verfolgt und was dieses Konzept im journalistischen Alltag bedeutet. 

In Luzern referierte Wolfgang Blau, Chef Digital von The Guardian (ehemaliger Chefredaktor Zeit Online), am SwissMediaForum zum Thema offener Journalismus. Dieser Blogbeitrag thematisiert ein paar interessante Punkte sowie deren Bedeutung für die Kommunikation auf Social Media.

Seit mehreren Jahren lebt The Guardian das Konzept «online first» und setzt sich für einen offenen Journalismus ein. Er hat zum Ziel, zwischen den Medien und seinen Nutzern eine möglichst gute Verbindung zu pflegen – ohne Schranken.

Folgende zehn Merkmale für offenen Journalismus sind das Ergebnis zahlreicher Gespräche und Experimente der Redaktion:

  1. Ermutigt zur Teilhabe. Fordert zur Antwort auf.
  2. Reagiert auf Leserkommentare.
  3. Beteiligt Leser schon bei der Entstehung von Themen und Recherche.
  4. Bildet verschiedene Interessengemeinschaften.
  5. Begreift sich als Teil des Internets.
  6. Aggregiert und kuratiert.
  7. Anerkennt, dass Journalisten nicht die einzige Autorität sind.
  8. Bemüht sich um Vielfalt von Standpunkten.
  9. Veröffentlichung ist der Anfang und nicht das Ende.
  10. Ist offen gegenüber Korrekturen und Richtigstellungen.

Diese Merkmale wurden von Alan Rusbridger, Chefredaktor News & Media von The Guardian, niedergeschrieben. In diesem Video beschreibt Alan Rusbridger, wie das Konzept des offenen Journalismus die redaktionelle Arbeit verändert hat.

Fragen stellen und Zuhören
Offener Journalismus bedeutet, die Leser einzubeziehen – sie sollen sich bereits bei der Recherche beteiligen können: Der Journalist stellt beispielsweise auf Twitter gezielte Fragen, will wissen, wer wann an einem bestimmten Ereignisort war, etwas gesehen oder sogar aufgenommen  hat (Foto, Video). Aber auch dann, wenn eine Geschichte bereits erzählt ist, ist das nicht das Ende. Journalisten beobachten, was auf den verschiedenen Kanälen ausgetauscht wird und beteiligen sich an den Diskussionen. Und sie ziehen allenfalls Rückschlüsse daraus: Gibt es andere Sichtweisen auf das Thema, andere Wahrheiten? Und ergeben sich daraus neue Geschichten?

App für Zeugenberichte
Die Redaktion von The Guardian hat sogar eine eigene App namens GuardianWitness entwickelt. Zeugen eines Ereignis können dort ihre Fotos, Videos und Geschichten publizieren. Anhand der GPS-Daten kann der Standort des Absenders verifiziert werden. Dank der App gelingt es der Redaktion öfter, eine Geschichte schneller zu haben als die Konkurrenz.

Offener Journalismus gibt Freiraum für Experimente. Wolfgang Blau betonte, dass es dabei wichtig sei, immer die Qualität des Journalismus im Auge zu behalten. Dazu gehöre auch die Schulung der Journalisten.

Mein Fazit: Ob Journalist oder Kommunikationsberater, wer sich auch online für eine offene Kommunikation einsetzt, der erhält viel zurück. Sofern der Dialog aktiv gesucht sowie gepflegt wird und dies glaubwürdig und auf Augenhöhe geschieht. Auch in den sozialen Medien gilt, nicht nur nehmen, sondern auch geben: Zuhören und Beobachten, auf Kommentare eingehen, Feedbacks geben und sich für Inputs bedanken – dann lohnt sich der Dialog für beide Seiten.

Weiterführende Informationen
Themenseite offener Journalismus, The Guardian
bernetblog-Beitrag Die Zukunft: Mehr Dialog im Journalismus und in folgendem Video spricht Wolfang Blau, früher Chefredaktor Zeit Online, über offenen Journalismus
bernetblog-Beitrag Facebook: Achtung Dialog
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