Zitate #Emex16 Talk: Digital Transformation und kein Ende

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Noch vorgestern war sie nirgends – heute überall: Die «digitale Transformation» füllt Fachzeitschriften, Lehrgänge und Vortragssäle. Und weil sich darin so ziemlich alles versorgen lässt, was mit Internet, disruptiven Modellen und Überforderung zu tun hat, macht sie alle nervös. Wie sehen Experten diese Entwicklung bezüglich unserer Kommunikations-Branche? 

Die eröffnende Talkrunde der Emex, der Messe für die Marketing- und Eventbranche, wollte Einblicke und Erkenntnisse bringen. Soviel vorweg: Das gut stündige Gespräch war seinen Besuch wert. Dazu trug die Talkrunde rund um persoenlich-Verleger und Moderator Matthias Ackeret bei: Ständerat Ruedi Noser, Swico Geschäftsführer Jean-Marc Hensch, 20Minuten-Chef Marcel Kohler und DigitalZurich2025-Treiberin Sunnie Groeneveld.

«Wir sprechen zu wenig über die Strukturen in der Kommunikation» (Hensch) und andere spannende Zitate

Als Stimmungsbild seien hier einige Aussagen herausgepickt und zusammengefasst:

Noser: «Ich habe in meinem Wahlkampf stark online kommuniziert – aber nicht nur. Die Offline-Welt bleibt wichtig. Und man soll auch nicht einfach ungebremst alles machen. Privates bleibt bei mir beispielsweise privat. Jeder muss für sich selber Regeln setzen, wie und was er kommunizieren will. Und dabei auch beratende Stimmen anhören. Schnelle Online-Kanäle können in der Emotion gefährlich sein.»

Kohler: «Bei 20Minuten stützen sich heute Print und Digital gegenseitig. Scheinbar eindeutig digitale Konsumenten – wie die Jugendlichen – lieben die Papierzeitung durchaus. Heute liegt das Umsatzverhältnis von Print und Digital etwa bei 60 zu 40 Prozent. Print bringt noch mehr Geld als Digital. Der grosse Moment der Transformation war bei uns Anfang 2013, bei der Zusammenlegung der beiden Redaktionen von Print und Online. Konvergenz ist heute im ganzen Tamedia-Haus ein Dauerthema.»

Groeneveld: «Die Entwicklung hat nicht gestern angefangen und hört nicht morgen wieder auf. Jeder muss in seinem Bereich bereit sein, wenn der «Tipping Point» erreicht ist und die digitale Welt für sein Business Modell spielbestimmend wird. Dafür muss man sich früh an diese Entwicklungen ranheften und mit positiver Kraft die Chancen wahrnehmen.»

Hensch: «Die Privatwirtschaft macht heute schon viel. Wer die digitale Welt bewusst lebt, nimmt das in seiner «Bubble» nicht so wahr. Aber es sind auch starke Gegenkräfte zur Digitalisierung am Werk: Man siehe die Trends oder Bestimmungen zu Arbeitszeiterfassungen, Netzsperren, Urheberrechtsbestimmungen, das unsägliche Beschaffungswesen in der IT von öffentlichen Verwaltungen, Überwachungsbestrebungen oder die starke Besteuerung von Startups. Ich sehe viel wirtschaftliches Engagement – aber auch das Streben nach Besitzstandwahrung von Seiten der Politik und der Verwaltung.»

Noser: «Die Politik setzt sich für den Status Quo, das Bewahrende ein. Während sich private Akteure, die Wirtschaft – zwangsläufig – für die Zukunft und für neue Modelle interessieren muss. Die Zukunft ist per se ungewiss und risikoreich. Darum brauchen wir Flexibilität. Wir sind dran – den Sprint werden wir in der Schweiz garantiert nicht gewinnen. Aber den Marathon. Ich bin zuversichtlich.»

Hensch: «Man spricht heute viel über neue Werbeformen. Wenig Diskussion nehme ich wahr über die Strukturen der Kommunikation. Wie sind die Teams aufgestellt? Wer macht die Arbeit? In den Unternehmen sind diese Entwicklungen nicht abgebildet und werden zu wenig diskutiert. Es gibt laufend neue Formen der Kommunikation – aber wie gehen wir damit im Kommunikations-Alltag um?»

Der Austausch schloss mit einem Seitenblick auf medienpolitische Entwicklungen rund um das umstrittene Werbekonglomerat Admeira (Claim: «eine neue Perspektive für die Schweiz»!) von Swisscom, Ringier und SRG. Tamedia-Mann Kohler sieht diese Aktion als ordnungspolitisch falsch, erkennt aber,  dass «die Falschen das Richtige machen». FDP-Ständerat Noser wundert zurück, warum dann die Richtigen das Falsche machen. Und der Zuhörer fragt sich, wer und was richtig und falsch sei.

Dass wir uns und vor allem unsere Arbeit «digital transformieren», scheint klar. Das Warum auch. Noch wenig greifbar sind die vielen Was, Wie, Wieviel, Wer und vielleicht auch wann und wer eben nicht. Es bleibt spannend.

Foto: vlnr. Marcel Kohler, Sunnie Groeneveld, Matthias Ackeret, Ruedi Noser, Jean-Marc Hensch

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