Der deutsche Journalist nutzt beruflich bevorzugt Facebook. Mehr als jeder Zweite ist für die Interaktion mit seiner Zielgruppe auf Social Media angewiesen. Teils agieren die Journalisten und Medienschaffenden gar als Botschafter. Die Nutzung von Social Media von Journalisten gibt PR-Profis Hinweise für die eigene Arbeit.
Jährlich prüft Cision gemeinsam mit der Canterbury Christ Church University in der Social Journalism-Studie, wie deutsche Journalisten soziale Medien beruflich nutzen. Dazu fragen sie nach der Einstellung gegenüber Social Media sowie der Kommunikation mit PR-Schaffenden.
72 Prozent nutzen Social Media täglich
Beruflich nutzen 72 Prozent aller Befragten Social Media täglich. 47 Prozent davon wenden täglich zwei Stunden für Social Media auf. 25 Prozent geben gar drei oder mehr Stunden pro Tag an. Am häufigsten nutzen Nachrichtenjournalisten Social Media: 90 Prozent mindestens einmal pro Woche.
Top-Netzwerke: Facebook und Co. sowie Content Communitys
Am beliebtesten sind soziale Netzwerke wie Facebook (82 Prozent). An zweiter Stelle folgen Content Communitys wie Wikipedia bei 64 Prozent der Befragten. Fast jeder Zweite nutzt auch professionelle Netzwerke (Business-Netzwerke), Blogs, Video-Sharing-Seiten, Mikroblogs und Messenger-Dienste. Seltener (35 Prozent) und nur spezifisch werden Dienste wie Instagram und Pinterest genutzt. Mehr als die Hälfte der Journalisten nutzt wöchentlich fünf oder mehr verschiedene Social-Media-Kanäle.
Nutzergruppen: bewährter Beobachter, neuer Botschafter
Abhängig von ihrem Verhalten teilt die Studie die Journalisten in Nutzergruppen auf: Architekten, Promotoren, Jäger, Beobachter und Skeptiker. 23 Prozent aller Journalisten agieren als Beobachter – wie auch letztes Jahr die grösste Nutzergruppe. Die Architekten sind die aktivste Nutzergruppe. Neu ist das Profil des Botschafters. Dieser nutzt täglich Nachrichtendienste und veröffentlicht selber Inhalte. Drei Viertel der Botschafter geben an, dass sie dank sozialer Medien mehr mit ihrer Zielgruppe interagieren. Hauptgrund für die Nutzung ist, mit der Öffentlichkeit in Kontakt zu bleiben.
Interaktion als Ziel – und die Verweigerer aus dem Wirtschaftsressort
73 Prozent der Befragten geben an, sie seien durch die sozialen Medien mehr vernetzt. 10 Prozent agieren sogar stündlich mit ihrer Zielgruppe. Trotzdem: 15 Prozent nutzen Social Media nie für eine Interaktion mit der Zielgruppe. Darunter sind Wirtschafts- und Fachjournalisten. Aus diesen Bereichen verwenden 9 Prozent gar keine Social Media.
Was bedeutet das für die Medienarbeit?
Die Zahlen helfen, den Journalistenalltag zu verstehen. Zudem gibt die Studie Hinweise, mit wem die Journalisten kommunizieren. Während gerade mal 13 Prozent PR-Quellen angeben als Zielgruppe auf Social Media, wird hier vor allem agiert mit der allgemeinen Öffentlichkeit (55 Prozent), Branchenkontakten (38 Prozent) und Experten wie Dritte und Unabhängige (21 Prozent). Letzteres zeigt: Die Organisationen müssen mit unabhängigen Meinungsführern in Kontakt stehen, um in deren Gespräche mit Journalisten stattzufinden.
Recherche auf Social Media: andere Medien vermehrt als Quelle
Am meisten zugelegt hat als Quelle «andere Medien/Nachrichten» (von 24 auf 40 Prozent). Auch die allgemeine Öffentlichkeit wird als Quelle mehr genutzt als im Vorjahr. Weniger genutzt werden Pressemitteilungen: noch 38 Prozent geben diese als Recherchequelle an (2016: 48 Prozent).
Und die Schweizer?
Wir sind an den letzten Vorbereitungen für die Zusammenfassung und Auswertung der zweiten Studie «Journalisten im Web» im Rahmen einer qualitativen Studie von Bernet_PR und der ZHAW. Mehr dazu demnächst. Alle bisher erschienenen Interviews mit Schweizer Journalisten zur Nutzung von Social Media sind hier im bernetblog. Der Hashtag zur Studie: #jstudie.
Weiterführende Artikel
– Social Journalism-Studie
– bernetblog-Beitrag zu Social Journalism-Studie 2016 «Wie soziale Medien die Rolle des Journalisten verändern»
– bernetblog-Beitrag zur Social Journalism-Studie 2014/2015 «Der deutsche Journalist ist ein Social Media-Beobachter»