Instagram – Scheinwelt mit Grenzen

Während Facebook ständig in der Kritik steht, kennt eine andere Plattform momentan nur den Weg nach oben: Instagram. Warum wir als Kommunikationsleute den Hype um die App auch kritisch anschauen müssen.
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Eigentlich sollte an dieser Stelle ein Blog zur neuen Instagram TV-Funktion stehen. Eigentlich. Denn beim Recherchieren kam ich ins Grübeln. Der Erfolg von Instagram lässt Kommunikations- und Marketingexperten jubeln, jede neue Funktion wird wie ein heiliger Gral gefeiert. Ist die Plattform wirklich unfehlbar?

Die Zahlen jedenfalls sprechen für die Facebook-Tochter. Fast monatlich kommen neue Features dazu, jedes von ihnen geht durch die Decke. Nur zwei Jahre nach deren Einführung hat beispielsweise die InstaStory-Funktion bereits über 400 Millionen Nutzer.

Insta-Influencer statt Markenbotschafter

Instagram hat unsere ganze Kommunikations- und Marketingwelt revolutioniert. Statt klassischem Sponsoring mittels Markenbotschaftern beschäftigen sich Unternehmen und Agenturen nun mit Influencer-Marketing-Konzepten. Welches Sternchen unser Produkt beim Selfie «lässig» in der Hand hält, wird zur Sinnfrage. Und zur Kostenfrage: Kürzlich durften wir lesen, wie Kylie Jenner zur jüngsten Selfmade-Milliardärin wurde – Instagram sei Dank. Für einen einzelnen Post soll sie bis zu 1 Million US-Dollar verdienen.

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Einmal Tee trinken: 3,8 Millionen Likes.

Trend mit Schattenseiten

Der Erfolg der App hat seine Kehrseite. Laut einer Studie, bei der 652 Kinder und Jugendliche aus der Westschweiz befragt wurden, sind über 60% der jungen Frauen unzufrieden mit ihrem Körper. Instagram und die Scheinwelt aus Filtern und Influencer-Leben haben einen entscheidenden Anteil, dass diese Werte im Vergleich zur Vorgängerstudie signifikant gestiegen sind.

«Es wäre zeitgemäss, glaubhafte Botschafter/Blogger der anvisierten Zielgruppen in den sozialen Netzwerken als Informationsträgerinnen und -träger zu gewinnen und innerhalb der Entwicklung von Massnahmen als fachliche Multiplikatoren zu coachen.»
Zitat aus der Studie «Positives Körperbild bei Jugendlichen in der Schweiz», Gesundheitsförderung Schweiz, Oktober 2017

Sogenannte «Gesichtsfilter», die erst auf Snapchat eingeführt und dann auf allen Sozialen Medien üblich wurden, führen gar zu psychischen Krankheiten. Dies belegt eine andere, kürzlich veröffentlichte Studie.

Wir tragen Mitverantwortung

Die Effekte der Plattform auf unsere Kommunikations- und Marketingwelt, aber auch auf unsere Gesellschaft zeigen: Instagram ist längst mehr als ein Hype. Die Plattform ist ein Phänomen, das uns nachhaltig prägen wird. Gerade wegen dieser Dimension müssen wir als Kommunikationsprofis einen Schritt zurücktreten und uns bewusst werden, welche Verantwortung die Nutzung der Plattform mit sich bringt. Auch wir tragen zur Stärkung der Scheinwelt bei. Vor jedem neuen Filter oder Influencer, den wir für unsere Kampagnen einsetzen, sollten wir uns die Frage nach der Wirkung auf unsere (meist junge) Zielgruppe stellen.

Mein Fazit: Instagram ist wichtig und erfolgreich – das wird auch in absehbarer Zeit so bleiben. Nutzen wir das Potenzial der Plattform stets im Bewusstsein um seine Ausstrahlungskraft und mit der nötigen Sensibilität für unsere Zielgruppen und die Gesellschaft.


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Beiträge

  • Interessanter Gedankenanstoss, Thierry! Die Scheinwelten, die auf Instagram tagtäglich produziert werden, erachte ich ebenso als sehr problematisch. Die Problematik ist insofern auch sehr vielschichtig – sie reicht von unzufriedenen jungen Frauen bis hin zu überforderten Restaurantbesitzern wie man im heutigen Tagi lesen kann: https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/AmazingAescher/story/26548980?utm_source=emarsys&utm_medium=email&utm_campaign=TA18EDIT_DerMorgen_220818&sc_src=email_2276417 #AmazingAescher Vielleicht muss die Gesellschaft erst noch lernen, wie sie mit solchen Entwicklungen nachhaltig umgehen will/soll. Und bis dahin, pflichte ich dir bei, ist es an jedem von uns, das Ganze verantwortungsvoll voran zu treiben.

    • Hoi Raphael
      Danke für deine Rückmeldung – und den Input zum Aescher. Das Beispiel zeigt gut: Social Media haben nicht nur unsere Gesellschaft verändert – sondern haben auch Einfluss auf unsere Wirtschaft abseits von Marketing und Kommunikation. Und Instagram ist aktuell das Zugpferd, dem die meiste Aufmerksamkeit zukommt. Es freut mich, dass auch andere diesen Trend kritisch/vorsichtig und mit dem nötigen Mass an Verantwortungsbewusstsein anschauen!