Infografiken können viel: Zahlen veranschaulichen, Verhältnisse aufzeigen, komplexe Zusammenhänge verdeutlichen. Leichtfertig eingesetzt wirken sie aber schnell verwirrend – und überflüssig. Was sind Qualitätsmerkmale? Ich habe in Beispielen danach gesucht.
Vieles spricht für Infografiken: Sie machen quantitative Aussagen anschaulich, zeigen Grössenverhältnisse oder illustrieren Entwicklungen entlang von Zeitachsen. Sie lassen sich einfach via Twitter verbreiten, in Blogs einbetten oder auf Pinterest sammeln. Und sie schmeicheln der Art, wie wir im Web lesen: Ungeduldig, häppchenweise und selektiv. Zahlreiche Online-Tools machen die Produktion einfach und schnell – wir haben einige davon vorgestellt (Blogpost).
Aber Vorsicht: Zahlen und Icons machen noch keine wirksame Infografik. Wir haben zahlreiche Beispiele angesehen und drei Qualitätsmerkmale herausgeschält:
Qualitätsmerkmal 1: Die Kernaussage ist sofort sichtbar
Egal wie viele Zahlen auf dem Tisch liegen, die Kernaussage ist im besten Fall eine einzige und ohne zusätzlichen Text verständlich. Die Infografik zu den 2013 am meisten genannten Personen in «Die Zeit» erfüllt diesen Anspruch:
Quelle: «Die Zeit», Die 200 am häufigsten genannten Personen
Qualitätsmerkmal 2: Die Infografik bietet Kontext
Die besten Infografiken laden zum Verweilen ein, weil sie neben der Kernaussage zahlreiche Zusatzinformationen enthalten. Im Beispiel oben sind das die Verbindungen zwischen den Personen. Per Mouseover werden die Verbindungslinien einer Person anzegezeigt, die restlichen ausgeblendet. So wird deutlich, wer mit wem in Verbindung gebracht wurde – und wer nicht.
Noch beweglicher und noch reicher an Kontext und Variablen ist die Infografik zur Twittergemeinde im Parlament von SoMePolis. Sie lässt unzählige Interpretationen und Aussagen zu – jedoch auf Kosten einer eindeutigen Kernaussage. Wir haben sie hier bereits vorgestellt (Blogpost).
Qualitätsmerkmal 3: Die Infografik setzt Zahlen in Verbindung
Gute Infografiken häufen Zahlen nicht einfach an (wie diese hier zur Webnutzung), sondern setzten sie miteinander in Verbindung. Denn spannende Aussage ergeben sich erst aus dem Vergleich zweier Grössen. Auch hier bietet «Die Zeit» ein gutes Beispiel, wie dieser Ausschnitt aus einer Infografik zu einer Leserumfrage zeigt:
Quelle: «Die Zeit», Ein Traum von einem AutoFazit: Erst die Kernaussage bestimmen, dann zeichnen.
Die Erkenntnis ist einfach: Zahlen sprechen nicht für sich alleine. Sie müssen interpretiert werden, bevor sie dem Leser in Form von Icons, Kurven und Kuchen vorgesetzt werden. Wer weder Ziel noch Kernaussage definiert, verwirrt sein Publikum – und verspielt die Vorteile der Infografiken.
Weiterführend
Die Zeit: Das Jahr in Infografiken
Politik im Netz: Neuer Twittermonitor misst Interaktivität
Facebook: Die weltweiten Beziehungen im Bild
Wie Onlinetexte das Engagement fördern
Ein sehr wichtiges Qualitätsmerkmal für eine Infografik ist die Quellenangabe: ist überhaupt eine Quellenangabe vorhanden, ist die Quelle vertrauenswürdig oder im besten Fall sogar eine Autorität,…
Da bin ich sehr einverstanden. Die Quelle muss ausserdem präzise genug sein – sodass der Leser die Zahlenbasis auch selber finden kann.
Äh … wie lautet denn die eine zentrale Kernaussage der Grafik über die meisterwähnten Personen auf Zeit Online? „Wir haben am Meisten über Angela Merkel geschrieben“?
Genau, oder etwas umfangreicher: Merkel knapp vor Obama, Snowden vor Assad und Putin.