Worüber schreiben Social Media im Vergleich zu traditionellen Medien? Twitter mag Technik, YouTube Lustiges und Blogs Meinungen. News auf Social Media haben eine kurze Haltbarkeit – und schwappen selten in die klassischen Medien, wie eine Langzeitstudie erstmals zeigt. 80 Prozent der Top-Blogstories bezogen sich auf BBC, CNN, New York Times und Washington Post.
Ende Mai hat das Pew Research Center eine weitere Medienanalyse des Project for Excellence in Journalism veröffentlicht. Diese empirische Auswertung bringt erstmals Klarheit bezüglich Themensetzung von Social Media und Übernahme von Inhalten. Ausgewertet wurden Erwähnungen und Links zu den wichtigsten News-Geschichten während 12 Monaten auf Zeitungen, Blogs, YouTube und während 7 Monaten auf Twitter. Icerocket und Technorati wurden für die Blog-Analyse eingesetzt, YouTube direkt, beide vom 19. Januar 2009 bis 15. Januar 2010. Das Twitter-Monitoring erfolgte über Tweetmeme vom 15. Juni 2009 bis 15. Januar 2010. Das unabhängige Studienzentrum wird von einer Stiftung getragen; Pew Research bietet eine Kurzfassung und die ausführlichen Resultate auf journalism.org.
Jede Medienkategorie setzt andere Schwerpunkte
Das analysierte News-Jahr zeigt: Social Media setzen andere Schwerpunkte als die traditionellen Zeitungen. Am nächsten liegen im Themenvergleich die Blogs – ausser im Bereich Technologie. Hier schert auch Twitter aus – und zwar massiv: knapp die Hälfte der News und Links führten zu Techie-Themen. Im Vordergrund standen dabei das Web, Twitter selbst, Apple, Facebook, Microsoft und Google. YouTube brachte am meisten Ausland-Themen und erstaunlich viel Politik. Hier entscheidet weniger der Newsgehalt als vielmehr die Kraft der bewegten Bilder: Angeschaut und geteilt wird, was lustig ist. Nur während 8 von 49 Wochen war das Top-Video identisch mit den Top-News in Zeitungen, in drei dieser acht Wochen ging es um die umstrittene amerikanische Gesundheitsreform, in zwei um die Strassenproteste in Teheran.
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Es gibt also nicht nur einen Unterschied zur klassischen Zeitung; auch innerhalb der drei analysierten Social Media Plattformen werden News unterschiedlich aufgenommen. Blogger tendieren zu Inhalten, die sich mit persönlichen Kommentaren und Sichtweisen einfärben lassen. Die pointierten Pro- und Contra-Interpretationen hielten sich bei den Top-Themen in etwa die Waage.
Social News kommen und verschwinden sofort
Wenn News in Social Media aufgenommen werden, dann in den ersten Stunden nach deren Veröffentlichung. Nur fünf Prozent der Twitter-News blieben während zwei Wochen in den Top-Meldungen – gegenüber 13 Prozent bei Blogs und 9 Prozent auf YouTube. Ganz anders spielt der klassische Medienraum: Die Hälfte der fünf wichtigsten Geschichten einer Woche schafften es auch nächste Woche in die meist erwähnten.
80 Prozent der Blog-Links aus vier Medien
Es scheint, dass die vielzitierten Beispiele von Krisen, die aus Blogs in traditionelle Medien überspülen, nur schmerzhafte Einzelfälle illustrieren: Eine einzige Geschichte hat es aus der Blogosphäre in Zeitungen geschafft.
Im Gegenzug bauen Blogs stark auf die traditionellen Medien. Über 99 Prozent der in Blogs verlinkten News kamen aus führenden Zeitungen oder TV-Sendern. 80 Prozent gingen auf das Konto von gerade mal vier Medien: BBC, CNN, New York Times und Washington Post. Bei Twitter bezogen sich die Hälfte aller Top-Nachrichten auf klassische Medien.
Blogs und Twitter sind die wichtigsten Online-Multiplikatoren für die Online-Präsenz der klassischen Medien. Was wohl nur weiter so sein wird, wenn sich die Inhalte kostenlos verlinken lassen. Denn was bringt das Weiterreichen, wenn nur Abonnenten klicken können?
Fazit: Heterogene Ausrichtung, mehr Kurzlebigkeit
Auch wenn die Studie sich auf den amerikanischen Markt bezieht und von den in beobachteten Jahr präsenten Themen abhängt – endlich gibt es erste, brauchbare Hinweise auf das Funktionieren der neuen Medienkategorien. Die unterschiedliche Themenausrichtung bestätigt bisherige Annahmen. Erhärtet wird die Technologie-Ausrichtung von Twitter. Neu ist, das Blogs doch wenig Einfluss auf die Themenwahl der klassischen Medien haben. Aus meiner Sicht wird sich die Kurzlebigkeit der Inhalte auf klassische Medien ausweiten; nicht nur für deren Online-Ausgaben.
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