Podcast: Wird der Social-Media-Dino zum Hör-Netflix?

Zeitversetzt, akustisch, kompakt. Hör-Inhalte haben Potenzial. Sind Podcasts der neue Content-Trend? Verrückt, stand doch das Format ganz am Anfang aller «Web 2.0»-Entwicklungen. Was hat unser heutiges Social Web mit dem iPod zu tun? Wie überlebte der Podcast die letzten 15 Jahre? Es gibt gute Gründe, auch künftig an den Podcast zu glauben.
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Als Apple am 23. Oktober 2001 den ersten iPod vorstellte (YouTube) war ich gerade sechs Wochen weg von meinem Job beim grossen Musiklabel Sony Music. Mehr «Corporate» wollte ich machen, das Gelernte aus meiner Ausbildung umsetzen – und eine Babypause. Dass wir gerade Zeitzeuge vom Niedergang einer riesigen Industrie wurden, war mir in der Tragweite nicht bewusst. Und auch nicht wie dramatisch sich die PR/Kommunikations-Branche entwickeln wird.

iPod, iTunes, Podcast

«The biggest thing about iPod is – it holds a 1000 songs», Steve Jobs war begeistert (s. oben). Es dauerte aber noch zwei Jahre bis zum «iTunes Store» und dem legalen Download – in der Schweiz warteten wir gar eine gefühlte Ewigkeit bis 2005. Brachte iTunes den Podcast-Durchbruch? Erstmals waren (Hör-)Inhalte im Download und Abo erhältlich. Auch von Privaten, kleinen Absendern, Interessensgruppen und Medienhäusern. Und mit iPod und iTunes positionierte sich ein Tech-Riese als Inhalts-Distributor – das war neu. Erstaunlich: Streaming war aufgrund der Bandbreiten noch nicht realistisch – schon gar nicht mobil. Man steckte den iPod am Abend ins Dock und hatte am Morgen den Podcast auf dem Gerät.

Ego-Publishing und eine leise Vorahnung

«Ego-Publishing verändert Ihre PR-Arbeit: Blog und Podcast», texteten wir im Newsletter vom Mai 2005. iTunes und Podcasts liessen uns als PR- und Media-Relations-Experten aufhorchen. Den bernetblog starteten wir dann erst im folgenden November. Die Phase des Ausprobierens begann. Was bringen uns diese Möglichkeiten? Nestlé zeichnete pionierhaft erste Medienkonferenzen auf und stellte sie als Podcast den Medien (und anderen Interessierten) zur Verfügung – Live-Streaming war noch sehr aufwändig und teuer. Das Web 2.0 öffnete sich als riesiges Tummelfeld für Inhalt und Dialog. Und das noch ohne Facebook, Twitter und Instagram – aber mit dem Podcast.

Netflix-Effekt und die Rückkehr des Content-Dinos

Es wurde ruhig um die Podcasts, sie wurden alltäglich. Übertönt vom Lärm des Social-Network-Booms entwickelten sich die Formate weiter. Grosse Medienhäuser platzierten ihre Audio- und Video-Inhalte. Auf eigenen Websites, aber auch auf Plattformen wie iTunes. Kleinere Akteure besetzten erfolgreich ihre Nischen (Beispiel Apple-Funk von Jean-Claude Frick). Die Print-Medien begannen zu darben, suchten neuen Online-Formate und Anbieter wie Netflix (erst seit 2014 in der Schweiz) starteten zum Höheflug. Die Online-Distribution – einst ein Techwunder à la iPod – ist heute Banalität.

Was dem Medienkonsumenten noch immer gefällt: Ich höre und sehe wann und wo ich will meine ganz spezifischen Inhalte, gratis oder in der Flatrate. Die erfolgreichen Netflix-Serien von «House of Cards» bis «Narcos» zeigen auch – wir mögen die Fortsetzung, das sich aufbauende und erzählende. Und dies nicht nur als fiktive Geschichten. Auch semi-fiktionale und journalistische Serien haben Erfolg, wie die Musik-Doku «Hip Hop Evolution» oder die Netflix-Trump-Serie.

Was bedeuten diese populären Formate für das Corporate Publishing? Wie profitieren wir in der Organisations-Kommunikation von guten Audio- und Video-Inhalten und dem Netflix-Effekt? Der Podcast hat überlebt – und sich zum vielversprechenden Content-Star entwickelt.

Podcast-Tipp: Mit dem journalistischen Sechsteiler «Edi» begeistert Radio SRF gerade und zeigt, wie auch unsere Öffentlich-Rechtlichen ein bisschen Netflix sein können. Mit einer frischen Art des journalistischen Storytellings und dennoch mit viel Sorgfalt und Tiefe.

Weiterführend: 
alle bernetblog-Beiträge zum Thema Podcast
aus dem Archiv – «Ego-Publishing verändert Ihre PR-Arbeit: Blog und Podcast» (Mai 2005)

Bild: Barrett Ward bei Unsplash

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