Interview: Wie arbeiten wir in Zukunft?

Die anhaltende Corona-Pandemie wird die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten, nachhaltig verändern. Welche Ansprüche ergeben sich daraus an Mitarbeitende und Unternehmen? Welche Auswirkungen haben Homeoffice und Digitalisierung auf unsere Unternehmenskultur? Fünf Fragen an eine Expertin.
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Twitter hat es vorgemacht, Novartis macht es nach: Grosse internationale Firmen erklären Homeoffice zum Standard. COVID-19 wurde in vielen Firmen zum Treiber und Beschleuniger von Digitalisierung und flexiblem Arbeiten. Wie lange hält dieser Trend an?

Eine, die es wissen muss, ist Jana Kovacic, Senior Workplace Manager in einem grossen internationalen Konzern und Expertin für Kulturwandel und neue Arbeitswelten. Wir haben ihr fünf Fragen zur Zukunkt des Arbeitens gestellt:

Grosse Firmen machen es bereits vor: Homeoffice wird zum Standard, das Arbeiten im Büro ist out. Heisst das, wir werden in den nächsten Jahren massenhaft leere Bürogebäude haben? 
Für viele Firmen ist Homeoffice nichts Neues. Was sich jedoch geändert hat – und ich denke auch zukünftig bleiben wird – ist die Zunahme der Anzahl Tage, die man von zu Hause aus arbeiten wird. Novartis ist eine der ersten Grossfirmen, die den Mitarbeitenden die Wahl lässt, nur noch von zu Hause aus zu arbeiten. Die frei gewordenen Flächen möchten sie dann an Firmen aus Forschung und Technologie vermieten. Wenn andere Grossfirmen nachziehen, könnte dies zu einem Überangebot auf dem Immobilienmarkt führen. Hier sehe ich aber auch Chancen: Die freien Büroräume könnte man vermehrt als Coworking-Flächen anderen Firmen zur Verfügung stellen – dies gäbe den Mitarbeitenden die Möglichkeit, an ihrem Wohnort zu arbeiten. Dies würde zu einer Entlastung des Pendlerverkehrs auf Strassen und ÖV führen.

Was müssen Firmen in Zukunft beachten, wenn sie Arbeitsplätze und Arbeitsumfeld gestalten?
Die verfügbaren Flächen und das Mobiliar sollten flexibel verwendet werden können. So können Unternehmen schnell und kostengünstig auf neue Bedürfnisse reagieren. Bei Neubauten können Firmen bereits bei der Planung darauf achten, dass die Räume unterschiedlich – zum Beispiel als Arbeits-, Innovations- oder Workshop-Raum – genutzt werden können.

Jana Kovacic
Jana Kovacic, Senior Workplace Manager und Expertin für Kulturwandel und neue Arbeitswelten

Wie verändert sich die Teamkultur, wenn man sich nicht mehr regelmässig sieht – ist virtuelles Arbeiten im Team auf Dauer ausreichend? Was bleibt auf der Strecke?
In meinen internationalen Projekten arbeite ich bereits seit mehreren Jahren virtuell mit den unterschiedlichen Teams zusammen. Das war noch nie ein Problem und und man lernt dabei schnell, was gut funktioniert und was nicht. Ein persönliches Kennenlernen und physisches Treffen zwischendurch ist jedoch sehr wichtig. Diese Momente stärken die Zusammenarbeit und das Vertrauen. Dies hilft besonders in schwierigen Situationen, wenn man eine schnelle Lösung braucht oder einen Konflikt abwenden muss.

Was müssen Arbeitgeber beachten, um eine Teamkultur zu schaffen, die dieser Flexibilität gerecht wird?
Jede*r Mitarbeitende, jedes Team und jede Tätigkeit haben andere Bedürfnisse. Diese müssen gemeinsam angeschaut werden. Eine neue (virtuelle) Teamkultur entsteht nicht von heute auf morgen. Man sollte sich die Zeit nehmen und zusammen ausprobieren, was gut läuft, was fehlt und was nicht mehr nötig ist. So wird sich eine neue Teamkultur am natürlichsten und beständigsten (weiter-)entwickeln.

Welche Eigenschaften müssen Arbeitnehmer in Zukunft mitbringen?
Die stetige Veränderung in der Berufswelt wird in den nächsten Jahren im Bereich Digitalisierung signifikant zunehmen. Sich dieser VUCA*-Welt zu widersetzen, ist in meinen Augen der falsche Ansatz. Mit Offenheit, Neugierde und Selbstvertrauen wird man besser fahren. Und nicht vergessen: Bewährtes wie auch Neues zu reflektieren und zu hinterfragen – auch wenn man sich damit nicht immer beliebt macht. 😉

*Der Begriff VUCA (volatility, uncertainty, complexity, ambiguity) fasst die Herausforderungen zusammen, denen sich Unternehmen und Mitarbeitende in einer zunehmend digitalisierten Welt stellen müssen.

Unternehmenskommunikation als Ermöglicherin und Brückenbauerin

Als Kommunikationsprofis nehmen wir eine zentrale Rolle ein bei der Bewältigung des digitalen Wandels und der Herausforderungen, die sich daraus ergeben. Folgende Punkte beachten wir dabei besonders:

  • Digital und über Distanzen zu kommunizieren heisst, klare Rollen und Prozesse zu haben. Ein eingespieltes Kommunikations-Team mit klar zugeteilten Verantwortlichkeiten und Kompetenzen erleichtert die Zusammenarbeit.
  • Alle Themen, Geschichten und Kanäle steuern wir idealerweise zentralisiert und unterstützt mit digitalen, flexiblen Tools. Wer sich als Corporate Newsroom aufstellt, ist klar im Vorteil.
  • Metakommunikation: Alle Prozesse und die Auswirkungen auf die Team- bzw. Unternehmenskultur reflektieren wir regelmässig. Diese Evaluation ermöglicht es, unsere Arbeitsweise und Muster zu hinterfragen und wo nötig flexibel anzupassen.


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