Mehr als eine Milliarde Menschen nutzen Instagram. Acht von zehn Jugendlichen haben die weltweit am häufigsten heruntergeladene App auf ihrem Smartphone.
Die Dokumentation zeigt, wie sich das Netzwerk auf unsere Gesellschaft auswirkt, und was Algorithmen und Filter mit unserer Realitätswahrnehmung machen. Dabei wird schnell klar: es gibt Gewinner:innen und Verlierer:innen.
Self-Branding oder Zwang zur Selbstinszenierung?
2010 gegründet von Kevin Systrom und Mike Krieger, 2012 gekauft von Mark Zuckerberg und spätestens ab 2014 dank «Frühinfluencer:innen» wie die Kardashians eine Geldmaschine: Instagram prägt seit einer Dekade ganze Generationen. So hat die Plattform dem Beruf Influencer:in zur Geburt verholfen, und die «Insta-Ästhetik» führte zu einem neuen Schönheitsempfinden. Neue Geschäftsmodelle entstanden: Schon bald suchte man sich Reisedestinationen nach «Instagramability» aus, eiferte dem perfekten Selfie nach, kopierte die Schönheitsoperationen der (scheinbar) nahbaren Stars. Die Welt von Likes und Anerkennung – der Arte-Film macht uns die Sogkraft des Netzwerks deutlich und zeigt gleichzeitig eindrücklich die Schattenseiten auf.
Alleine oder gemeinsam?
Doch nicht alles im Insta-Universum dreht sich um Selbstdarstellung. Gesellschaftsrelevante Themen nehmen vermehrt Platz in Anspruch. Rufe nach Gleichberechtigung, Inklusivität und Nachhaltigkeit sind deutlich zu hören. Aktivist:innen fordern eine bessere Welt: Menschen rund um den Globus nutzen die Reichweite der Plattform, um etwas zu bewegen – auch wenn es nur in kleinen Schritten vorangeht. So endet die Dokumentation mit einem Einzelschicksal, das berührt: Die Rettung der/des Transsexuellen Retaj aus dem Jemen. Retaj erlebte davor Folter und Gewalt und fand über Instagram eine Person, die ihr bei der Flucht nach Europa half.
Das toxische Netzwerk – die Take-aways
- Algorithmus: Der «Insta-Körper» ist zwischen 20 und 30 Jahre jung, oft entblösst und bevorzugt weiblich. Fotos von Menschen in Bademode werden im Feed häufiger angezeigt, als Bilder von Food und Landschaften.
- Ästhetik: Seit Geburt der App mit ihren zahlreichen Filtern ist Schummeln erlaubt. Digitalisierte Hochglanzmagazine und Inserate prägten ab 2014 die Bildsprache von Instagram. Das neue Schönheitsempfinden weckt Bedürfnisse. Feriendestinationen, Hotels, Restaurants und Cafés werden über Instagram ausgewählt. Schönheitseingriffe werden aufgrund von Vorbildern durchgeführt.
- Gesundheit: Besonders Jugendliche werden von der App beeinflusst. Gerade in der Pubertät üben unrealistische Körperbilder in Kombination mit der Gratifikations-Funktionsweise des Netzwerks riesigen Druck aus. Depressionen, Körperwahn, Mager- oder Fitnesssucht sind die Folgen – bis hin zu Suizid.
- Ethik und Verantwortung: Bevor Inhalte veröffentlicht werden, sollte man sich – auch als Unternehmen – den Risiken und Nebenwirkungen auf die Nutzer:innen bewusst sein. Kann der Post falsch verstanden werden? Massen mobilisieren? Unerwünschtes Verhalten hervorrufen? Verletzen? Werte gefährden? Einrichtungen überfordern?
Die Dokumentation von Olivier Lemaire ist sehr sehenswert und bei ARTE kostenlos verfügbar.
Foto: Mateus Campos Felipe, unsplash
Weiterführendes:
- Leitfaden Instagram für Unternehmen
- Der erste Teil des BeReal Erfahrungsberichts zum Nachlesen
- Der zweite Teil des BeReal Erfahrungsberichts zum Nachlesen
- Social Media: Von Teenies, für Erwachsene – Rückblick #smgzh Informatiktage
- Bernet-Blogbeiträge zu weiteren Social Media Kanälen